312 D. Finanzgesetze.
schriften nicht überall Klarheit. Ich sehe mich daher veranlaßt, die in Betracht kommenden
Grundsätze nochmals wie folgt zusammenzustellen:
Nach den verschiedenen gesetzlich festgelegten Zeitbestimmungen sind drei Arten
von Grundstücken zu unterscheiden:
1. solche, deren Erwerb vor dem 1. Januar 1914 stattgefunden hat,
2. solche, die nach dem 1. August 1914 erworben worden sind,
3. solche, deren Erwerb in der Zeit vom 1. Januar bis 1. August 1914 erfolgt ist.
Zu 1: Hat der Erwerb vor dem 1. Januar 1914 stattgesunden, so ist der gemeine
Wert (5 29 des Besitsteuergesetzes) oder auf Antrag des Steuerpflichtigen der Betrag
der Gestehungskosten (s 30 a. a. O.) maßgebend. Als Betrag der bis zum 1. Januar 1914
entstandenen Gestehungskosten gilt der bei der Veranlagung des Wehrbeitrags festgestellte
Wert (ogl. § 31 der Ausführungsbestimmungen zum Besihsteuergesetz).
Zu 2: Hat der Erwerb nach dem 1. August 1914 stattgefunden, so hat der Steuer-
pflichtige gleichfalls die Wahl zwischen dem gemeinen Werte und den wirklichen Ge.
stehungskosten, deren Begriff im § 30 Abs. 2 a. a. O. näher umschrieben ist. Für diese
Grundstücke ist im Kriegssteuergesetze (& 6) aber insofern eine Ausnahme gemacht, als
sie zu keinem geringeren Werte als dem Betrage der Gestehungskosten angesetzt werden
dürsen. Nach dieser Vorschrift treten somit die Gestehungskosten kraft Gesetzes an die
Stelle des gemeinen Wertes, wenn sie höher als dieser sind.
Zu 3: Ist der Erwerb in der Zeit vom 1. Januar bis zum 1. August 1914 erfolgt,
so hat der Steuerpflichtige gleichfalls die Wahl zwischen dem gemeinen Werte und den
wirklichen Gestehungskosten. Wählt der Steuerpflichtige die Gestehungskosten, so tritt
indessen bei solchen Grundstücken, die durch eine der im § 31 Abs. 1 des Besitzsteuergesetzes
bezeichneten Erwerbsarten erworben sind, an die Stelle der Gestehungskosten beim Er-
werbe (5 30 Abs. 2 a. a. O.) der gemeine Wert, soweit jedoch die Grundstücke dauernd
land- oder forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, oder
soweit bebaute Grundstücke Wohnzwecken oder gewerblichen Zwecken zu dienen bestimmt
sind und ihre Bebauung und Benutzung der ortsüblichen Bebauung und Benugung
entspricht, der Ertragswert oder auf Antrag des Steuerpflichtigen ebenfalls der gemeine
Wert zur Zeit des Erwerbes. Die gleichen Grundsätze gelten bei anderen Erwerbssällen,
wenn der vereinbarte Preis um mehr als 10 v. H. hinter dem gemeinen Werte zur Zeil
des Erwerbes und, sofern bei Grundstücken der Ertragswert zugrunde gelegt werden kann,
zugleich auch hinter dem Ertragswert zur Zeit des Erwerbes zurückgeblieben ist.
5. Zimmermann a. a. O. 14. Für die Veranlagung eines Grundstücks zur Besitz-
steuer und zur Kriegsabgabe ist der Erwerbspreis als Teil der Gestehungskosten nach
5 30 BStG. und als Mindestwert nach § 6 des Kr St G. von Bedeutung. Bestriiten ißt,
ob zum Erwerbspreis auch der Betrag zu rechnen ist, den der Erwerber dem. Veräußerer
dafür bezahlt, daß dieser einen Mieter für vorzeitige Räumung des auf längere Zeit ver-
mieteten Grundstücks abfindet. Strutz vertritt 9 zu 5#6 in Anlehnung an die Rechtsprechung
zu §& 8 des Zuwachssteuergesetzes die Ansicht, daß die Abfindung des Mieters keinen Teil
des Erwerbspreises ausmacht. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Entscheidungen des
Pr. Oberverwaltungsgerichts dem Grundgedanken des Zuwachssteuergesetzes entsprechen,
da mit der Zuwachssteuer der am Grundstück eingetretene Wertzuwachs und nicht der
vom Veräußerer erzielte Gewinn erfaßt werden sollte. Die Rechtsprechung zu dem Zu-
wachssteuergesetz kann aber nicht ohne weiteres auf das Besitz= und Kriegssteuergesetz
angewendet werden, wo es sich darum handelt, was als Erwerbspreis, der den Wert
des Grundstücks zur Zeit des Erwerbs darstellen soll, anzusehen ist. Der in dem Erwerbs-
preis in die Erscheinung tretende Wert des Grundstücks hat sich naturgemäß nach der
dem Erwerber mit der Erlangung des Grundstücks gebotenen Möglichkeit zu richten, das
Grundstück für sich zu gebrauchen und zu benutzen. Der Wert ist geringer, wenn der Er-
werber erst nach geraumer Zeit das Grundstück zu nutzen besugt sein soll, als wenn ihm
alsbald nach dem Erwerbungsgeschäft die Nutzungen zustehen. Vereinbaren die Vertrags-