Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

366 D. Finanzgesetze. 
Begründung. 
Im allgemeinen. 
Dos Gebiet des Güterverkehrs ist zuerst durch das Reichsstempelgesetz vom 1 
Inni looo (ROBl. 275), das einen Schiffsfrachturkundenstempel im Seeverkehre 
brachte, zur Deckung der finanziellen Lasten des Reichs herangezogen worden. Dieser 
Stempel ist im Jahre looé auf die Frachturkunden im Binnenschiffsverkehr und im 
Eisenbahnverkehr ausgedehnt worden, allerdings unter Beschränkung auf ganze Schiffs. 
ladungen und Eisenbahnwagenladungen. Gleichzeitig damit wurde die Besteuerung 
auf den Hersonenverkehr durch Einfübrung einer Stempelabgabe auf Hersonenfahr- 
karten im Eisenbahn= und Dampfschiffsverkehr erstreckt (Gesetz vom 3. Juni l00, 
RGBl. 695). Einen wesentlichen weiteren Schritt hat das Frachturkundenstempelgesetz 
vom 17. Juni lolé (Roel. 555) getan, indem es unter Erhöhung der Steuersätze für 
agenladungen den Eisenbahnfrachturkundenstempel auch auf den Stückgutverkebr 
ausdehnte. Im unmittelbaren Gusammenhange hiermit steht die steuerliche Belastung 
des Dostpaketverkehrs durch das Gesetz, betreffend eine mit den Dost= und Telegraphen- 
gebühren zu erhebende anßerordentliche Abgabe vom 21. Juni 1916 (R Bl. 572). 
Wenn jetzt der Swang des kkrieges dazu nötigt, zur Deckung des Reichsbedarfs 
u. a. anch auf die Besteuerung des Derkehrs zurückzugreifen und hieraus eine Ein. 
nahme von mehreren hundert Millionen Mark zu ziehen, so kann dies, ohne einzelne 
Derkehrsarten übermäßig zu belasten und ohne unerwünschte Derkehrsverschiebungen 
herbeizuführen, nur durch eine Zesteuerung gescheben, die möglichst den gesamten 
Derkehr umschließt. Der Entw. faßt daher sowohl eine Besteuerung des Hersonen- 
wie des Güterverkehrs ins Auge und bezieht nicht nur den Eisenbahnverkehr einschließ- 
lich des Kleinbahnverkehrs, sondern auch den Verkehr auf Binnenwasserstraßen und 
im Küstenverkehr im weiteren Sinne ein, außerdem die Beförderung auf Landstraßen 
wenigstens insoweit, als es sich um einen fahrplanmäßigen Derkehr auf bestimmten 
Linien, also um Betriebe handelt, die, abgesehen von der Art der Fortbewegung der 
Transportmittel, eisenbahnähnlich eingerichtet sind. Dagegen wird von einer Be- 
steuerung des überseeischen Verkehrs Abstand genommen werden müssen, da sich hier 
die Gestaltung der erhältnisse für die Seit nach dem Kriege in keiner Weise übersehen 
läßt. Auch ist davon abgesehen worden, unter die Behandlung durch dieses Gesetz die 
Güterbeförderung mit den Hosten zu stellen, nachdem dieser Derkehr durch das erwähnte 
Gesetz vom 21. Juni lolb eine abgesonderte Regelung erfahren hat und im Rahmen 
dieses Gesetzes erforderlichenfalls auch weiterhin wird finden müssen. 
Die Anderungsbedürftigkeit der die Besteuerung des Hersonenverkehrs betreffen- 
den gesetzlichen Vorschriften, die jetzt im VI. Abschnitt des Reichsstempelgesetzes und 
in Tarifnummer 7 des zugehörigen Tarifs enthalten sind, ist von der Steuerkemmission 
des Reichstags schon im Jahre 1008/00 gelegentlich der Beratung des §& 4 des Entw. 
eines Gesetzes, betr. Anderungen im KFinanzwesen, anerkannt worden (vgl. KommB. 
Nr. 1456 der Drucks. von 1002/00 S. 27 ff.). Die wesentlichsten Mängel des jetzigen 
Stempels liegen, abgesehen von hier nicht näher zu wiederholenden verkehrstechnischen 
Schwierigkeiten, darin, daß die Staffelung der Abgabe, die im Gesetze nicht nur nach 
der höhe des Fahrpreises, sondern gleichzeitig auch nach den Wagenklassen durch- 
geführt ist, eine übermäßige Spannung und Ungleichmäßigkeiten aufweist, die den 
Derkehr in die unteren Wagenklassen drängen mußte. Die jetzige Staffelung kat zur 
Folge, daß z. B. bei einer Reiselänge von 600 km die Steuer für eine Fahrkarte 1. Mlasse 
(8 M.) das mehr als 153fache der Steuer für eine Fahrkarte 3. Mlasse (60 Hf.) beträgt, 
während sich die Spannung der Einheitssätze nach den Hersonengeldtarifen nur wie 
(:2½ verhält. Auch führt sie dazu, daß innerhalb derselben Ulasse ein nur um wenige 
Hfennige höherer Hahrpreis dadurch, daß er unter eine höhere Steuerstaffel fällt, 
einen unter Umständen um mehrere Mark höheren Stempel zur Ehlge hat. Es kann 
sich möglicherweise sogar für dieselbe Strecke, wenn an Stelle einer direkten Fahrkarte
	        
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