Full text: Kriegsbuch. Fünfter Band. (5)

Gesetz über die Besteuerung des Personen= und Güterverkehrs v. 8. April 1917. 367 
mehrere über Teilstrecken lautende Karten ausgegeben oder gelöst werden, ein höherer 
Stempel ergeben, als er zu der direkten Fahrkarte geschuldet ist. Diese Mängel müßten 
sich bei einer Erhöhung der Abgabe unter Beibehaltung des bisherigen Systems not- 
wendig ins Unerträgliche steigern. 
Es ist daher schon bei den früheren Derhandlungen, insbesondere in der der Kom— 
mission seinerzeit vorgelegten Denkschrift (Anl. 4 der angeführten Drucksache Mr. 1456 
S. 118) dargelegt worden, daß eine sachgemäße Gestaltung der Besteuerung der Her- 
sonenbeförderungen nur auf dem Wege einer prozentualen Abgabe gefunden werden 
kann, wie solche auch in allen denjenigen Staaten besteht, die eine derartige Abgabe 
besitzen. Eine Erhebung nach Hundertteilen des Fahrpreises läßt die Tarifgestaltung 
der Verkehrsverwaltungen unberührt und läßt alle tarifarischen Dergünstigungen und 
sonstigen Maßnahmen, die aus sozialen oder wirtschaftlichen Rücksichten bei Festsetzung 
der Fahrpreise von der Derwaltung getroffen werden, automatisch auch in der Böhe 
der Steuerbeträge mit zum Ausdruck kommen. Sie unterscheidet sich in dieser Zeziehung 
insbesondere auch von dem kilometrischen Stempel, der außerdem da versagt, wo die 
Fahrpreise, wie im Vorort-, Straßenbahn= und Schiffsverkehre, nicht kilometrisch ge- 
bildet zu werden pflegen. Sie empfiehlt sich endlich steuer= und verkehrstechnisch, weil 
sie von der mannigfaltigen Gestaltung der Fahrausweise nicht berührt wird. 
Allerdings liegt es im Hrinzip der prozentualen Abgabe, daß sie alle Wagenklassen 
trifft. Wollte man hiervon eine Ausnahme zugunsten der Freiheit der 4. Wagenklasse 
machen, so würde dies bei den erhöhten Steuersätzen, die jetzt in Aussicht genommen 
werden müssen, eine weitgehende Abwanderung in diese Klasse mit Motwendigkeit 
zur Folge haben. Eine Besteuerung der 4. Wagenklasse wird aber in der jetzigen Seit 
jedenfalls dann nicht als unbillig empfunden werden können, wenn, wie der Entwurf 
dies tut, die zu ermäßigten Hreisen ausgegebenen Arbeiter-, Schüler= und Militär- 
fahrkarten freigelassen werden und damit insbesondere dem Arbeiter die Aufsuchung 
seiner Arbeitsstätte nicht mit Abgaben beschwert wird. 
Die einfachste und technisch erwünschteste Lösung für die Zesteuerung würde 
eine für alle Klassen gleichmäßige prozentuale Abgabe sein, wie sie in der Denkschrift 
von 1908/1900 vorgeschlagen war. Sie würde auch den sozialen Rücksichten insofern 
Rechnung tragen, als sich die Benutzung der Uöheren Wagenklassen bereits in der Höhe 
des für sie zu zahlenden Fahrpreises ausdrückt und mit diesem auch die Abgabe ent- 
sprechend steigt. Indessen würde ein solcher einbeitlicher Hrozentstempel unvermeidlich 
zu der Folge führen, daß im Dergleiche zu dem bisherigen Tarife zum Ceil eine Ent- 
lastung der höheren Wagenklassen zuungunsten der niederen Klassen eintreten würde. 
Der Entw. bemißt daher den Satz der prozentualen Abgabe für die einzelnen Klassen 
verschieden hoch, indem er für die erste Klasse einen Satz von 16 v. H., für die zweite 
Klasse einen solchen von 1# v. H., für die dritte Mlasse von 12 v. H. und für die vierte 
Klasse von 10 v. H. des Beförderungspreises einsetzt. Zei einer stärkeren Differenzierung 
müßte durch die Derbreiterung der Spannung zwischen dem Aufwand an Fahrgeld 
mit Steuer in den einzelnen Klassen die Gefahr einer Abwanderung sich steigern. 
Unter dem Gesichtspunkt der Allgemeinheit der Zesteuerung kat der Entw. auch 
davon abgesehen, für Hersonenfahrten unter einem bestimmten Fahrpreis eine Frei- 
grenze zu setzen, wie eine solche bei dem bisherigen Fahrkartenstempel für Fahrkarten 
im Hreise unter 60 Pf. besteht. Da insbesondere im Eisenbahnverkehre, nach dem 
Fahrpreisauffommen gerechnet, etwa ein Sechstel aller Fabrten unter die Freigrenze 
fällt, müßte mit einem Ausfall in den Steuereinnahmen gerechnet werden, der nach 
Lage der gegen wärtigen finanziellen Derhältnisse nicht in Kauf genommen werden kann. 
Damit rückt auch der Mahverkehr und der Straßenbahmverkehr insbesondere in 
den Kreis der Zesteuerung. In diesem Verkehre waren bisher von der Fahrkartensteuer 
nur die in ihm ausgegebenen Dauerkarten getroffen. Seine stenerliche Erfassung stößt 
beshalb auf besondere Schwierigkelten, weil sich bei den geringfügigen Fahrpreissätzen 
von meist lo oder 15 pf., seltener 20, 25 usw. Pf. ein in einzelnen pfennigen und
	        
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