456 F. Beschaffung u. Vertellung d. Arbeitskräfte. Arbeiterschutz. Kriegswohlfahrtspflege usw.
6. Bek. über die Regelung der Kriegswohlfahrtspflege.
(Bek. a in Bd. 3, 340 ff.)
db) Bek. über Wohlfahrtöpflege während des Kriegee.
Vom 15. Februar 1917. (Rl. 143.)
Wortklaut in Bd. 4, 808.
Begründung. (D. N. X 200.)
Bei der Beratung über den Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Bezeich-
nungen „Nationalstiftung“ und „Marinestiftung“ (Ar. 415 der Drucksachen) hat der
Reichstag eine Reihe von Mißständen, die während des Krieges bei Unternehmung
der freien Wohlfahrtspflege hervorgetreten sind, erörtert und im Anschluß hieran der-
Reichskanzler u. a. um eine entsprechende Ausgestaltung der Zekanntmachung über
die Regelung der Kriegswohlfahrtspflege vom 22. Juli 1915 (RGBl. 130) ersucht
(Abschnitt II A der in der Drucksache 404 enthaltenen Entschließung, angenommen in
der Sitzung vom 4. Noember 1916, S. 2146, 2142 der Sitzungsberichte). Aus den
Beratungen über diese Dorschläge des BReichstags und über ähnliche Anregungen de;
preußischen Staatskommissars für die Regelung der MKriegswohlfahrtspflege ist die
Bek. vom 15. Februar 1017 (RGBl. 145) Rervorgegangen. Sie tritt mit dem #. März lol#
an die Stelle der Zek. vom 22. Juli lolê, deren Dorschriften sie mit einigen kleineren
Abänderungen und Erweiterungen in sich aufgenommen hat, bringt aber verschiedenc
Neuerungen von grundsätzlicher Tragweite.
Die wichtigste davon ist die Erstreckung der das öfsentliche Sammeln usw. be-
treffenden Vorschriften über das Gebiet der Kriegswohlfahrtspflege hinaus auf Samm-
lungen usw. zu sonstigen vaterländischen oder gemeinnützigen oder mildtätigen Swecken.
Hierzu veranlaßten die bei der Handhabung der bisherigen Derordnung gewonnenen
Erfahrungen. Die GErenze zwischen Urlegs= und anderer Wohlfahrtspflege ist äußerst
schwer zu ziehen. Wohl jede Einrichtung der Wohltätigkeit wird in ihren Bedürfnissen
und Leistungen von den alle Lebensverhältnisse durchdringenden Wirkungen des Urieges
mehr oder weniger berührt. Anderseits ist es leicht, die Werbeschriften und Aufrufe
in eine den Gusommenhang mit den Kriegsverhällnissen verhüllende Form zu bringen.
Auch war es unter der Berrschaft der bisherigen Vorschristen kaum zu bindern, daß
UMittel zu einem außerhalb der Kriegswohlfahrtspflege liegenden Swecke, also ohne
Genehmigung, gesammelt, nachträglich aber reinen Kriegswohlfahrtszwecken, wiederun:
ohne Genehmigung, überwiesen wurden. Hiernach erschien es zweckmäßig, in der neuen
Derordnung die bisherige Beschränkung fallen zu lassen. Abgrenzungszweifeln kann
freilich, namentlich bei der Flüssigkeit des Begriffs „gemeinnützig“, auch mit dieser
Ausdehnung nicht ganz vorgebeugt werden. Wenn jedoch die Verordnung die gemein-
nützigen Swecke mit den vaterländischen und mildtätigen in eine Reibe stellt und mit
ihnen als „Wohlfahrtszwecke“ zusammenfaßt, so ergibt sich, daß hier gemeinnützig nicht
in dem weiteren Sinne gemeint ist, in dem es eine ganze Anzahl von Unternehmungen
einschließen würde, die einen öffentlichen Bedarf überwiegend im Wege geschäftlicher
Betätigung, des wirtschaftlichen Austausches von LTeistung und Gegenleistung, be-
friedigen, wie z. B. Dersicherungsgesellschaften, Arbeitsnachweise, Derkehrseinrichtungen,
Fabriken oder Absatzstellen für Arzneien, manche wissenschaftliche Anstalten usw.,
sondern daß noch ein besonderes Merkmal hinzulrelen muß, um die Derordnung an-
wendbar zu machen. Ein solcher Umstand liegt bei der sogenannten Kriegspatei-
versicherung vor, bei der Wohltäter geworben werden, die aus Gründen der Alächsten-
liebe Dersicherung zum Besten einer Kriegerwaise nehmen. Sbenso wird der Betrie0
der Stellenvermittlung, soweit er besondere Fürsorgezwecke, etwa zum Besten von
Kriegsbeschädigten, verfolgt, als Wohlfahrtsunternehmen anzusprechen sein. Somir
würde gegenüber derartigen Einrichtungen, wenn einc öffentliche Sammlung oder