Preuß. Ausführungsbestimmungen über Wohlfahrtspflege während des Krieges. 461
und als eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes von beiden Parteien angepriesen. Diese
Anprcisung aber entspricht den tatsächlichen Verhältnissen in keiner Weise, erweckl indessen
auch bei nicht ganz stüchtiger Durchsicht den Schein, als handele es sich um eine Sammlung
zum Besten von im Kriege besindlich gewesenen Künstlern, während sie tatsächlich nur
dem Besten der Veranstalter dient. Deshalb ist dem herrschenden Volksbewußtsein und
dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden gegenüber die Feststellung berech-
tigt, daß die Parteien bei Abschluß des Vertrages mindestens mit der Möglichkeit einern
Irresührung des Publilums gerechnet haben. Damit ist der Vertrag wegen Verstoßes
begen die guten Sitten nichtig.
Hierzu:
HPreuß. Ansführungsbestimmungen vom 19. Februar 1917 zu der Bundcßratsverord-
aung vom 15. Februar 1917 über Wohlfahrtspflege während des Krieges. (mol#l. 65.)
5 1. Zur Ertcilung der Erlaubnis ist zustöndig:
I. Bei öffentlichen Sammlungen und dem Vertrieb von Gegenständen sowic bei
ofsentlichen Werbungen von Mitgliedern und Mitunternehmern:
a) sofern sie über den Bereich eines Regierungsbezirks oder den Landespolizeibezirk
Berlin nicht hinausgehen, der Regierungspräsident bzw. der Polizeipräsident
von Berlin,
d) sofern sie über den Bereich eines Regierungsbezirks, aber nicht über den Umfang
einer Probinz hinausgehen, der Oberpräsident,
T) sofern sie über den Bereich einer Provinz bzw. über den Landespolizeibezirk
Berlin hinausgehen, sowie in Fällen, in denen es sich um die Ausdehnung in
einem anderen Bundesstaate bereits genehmigter Sammlungen, Vertriebe oder
Werbungen handelt, der vom Minister des Innern ernannte ständige Staats-
kommissar:), für den ebenfalls vom Minister des Innern ein Stellvertreter be-
stimmt ist.
II. Bei Veranstaltungen zur Unterhaltung und Belehrung:
a) sofern sie auf ein und denselben Ort beschränkt bleiben, die Ortspolizeibehörde
im Landespolizeibezirk Verlin der Polizeipräsident von Berlin,
b) sofern die Veranstaltungen an verschiedenen Orten erfolgen sollen (Wander-
Vorführungen), aber auf einen Regierungsbezirk oder den Landespolizeibezirk
Berlin beschränkt bleiben, der Regierungspräsident bzw. der Polizeipräsident
von Berlin.
Zßc) sofern Wander-Vorführungen über die unter bd) bezeichneten Bezirke hinaus
ausgedehnt werden sollen, der Oberpräsident jeder Provinz, in der die Verau-
staltungen stattfinden.
III. Bei allen Veranstaltungen im Auslande ausschließlich der Staatskommissar
Sammlungen und Werbungen innerhalb eines Personenkreises, dessen Mitglieder
ausschließlich einer staatlichen oder Reichs-Verwaltung angehören, bedürfen lediglich der
Erlaubnis des betreffenden Ressortchefs, der die Erlaubnisbefugnis auf ihn unterstellte
Provinzialbehörden übertragen kann.
Für Kirchenkollekten sowie für Sammlungen und Werbungen, die von Geistlichen
oder kirchlichen Oberen für kirchliche Zwecke in ihren Bezirken veranstaltet werden, bewendet
es hinsichtlich der Erlaubniserteilung bei den geltenden Bestimmungen.
Die Entscheidungen des Oberpräsidenten und des Staatskommissars sind endgültig.
§s2. Die Anträge auf Erteilung der Erlaubnis sind schriftlich einzureichen und von
dem Unternehmer zu unterschreiben. Die Erlaubniserteilung hat ebenfalls schriftlich zu
erfolgen; von der Erteilung einer slempelpflichtigen Ausfertigung der Erlaubnis wird,
salls eine solche nicht ausdrücklich beantragt ist, abzusehen sein.
1) Wegen des Bureaus des Staatskommissars ogl. Min Bl. 1917 S. 41 Nr. 35.