516 G. Vergeltungsmaßregeln.
8 7. Auf Geldforderungen, die fällig sein würden, falls die im & 2 der Verordnung
vom 30. September 1914 vorgesehene Stundung nicht bestände, sind für die Zeit von
1. April 1917 an Zinsen in Höhe des für Verzugszinsen geltenden Satzes an den Treu-
händer zu entrichten. Zinsen von Zinsen sind auf Grund dieser Vorschrift nicht zu
entrichten.
Bei Geldforderungen, die noch nicht fällig, aber nach Gesetz oder Vertrag schon vor
der Fälligkeit zu verzinsen sind, hat der Schuldner gleichfalls die für die Zeit vom 1. Apiil
1917 ab laufenden Zinsen an den Treuhänder zu entrichten.
Der Reichskanzler bestimmt, an welchen Terminen die Zinsen zu entrichten lind.
Er kann auch über die Höhe der zu entrichtenden Zinsen besondere Bestimmungen treffen
und Ausnahmen zulassen.
Die in den Abs. 1, 2 bezeichneten Verpflichtungen treten ein, auch wenn der Treu-
händer den Anspruch nicht unter Verwaltung genommen hat und ohne daß es einer Auf.
forderung des Treuhänders bedarf. In den Fällen des Abs. 1 tritt die Verpflichtung
ohne Rücksicht auf Pfändungen oder Verpfändungen des gestundeten Anspruchs ein.
Auf Forderungen aus Wechseln oder Schecks finden die Vorschriften der Abs. 1 bis 3
keine Anwendung. "
§8 8. Wer die von dem Treuhänder auf Grund des § 4 Abs. 2 erforderte Auskunft
nicht erteilt oder wissentlich unwahre Angaben macht, wird mit Geldstrafe bis zu eintausend-
fUnfhundert Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Treuhänders ein.
§ 9. Der Reichskanzler lann Ausführungsvorschriften erlassen.
§ 10. Diese Verordnung tritt mit dem 1. Mai 1917 in Kraft. Der Reichskanzler
bestimmt, wann sie außer Kraft tritt.
Begründung.
(Norddllg Ztg. v. 22. April 1917 Nr. 110 2. Ausg.)
Mit dem Fortschreiten des Wirtschaftskrieges (und der Derbreiterung der wirt-
schaftlichen Folgen des Krieges) hat sich immer mehr die Motwendigkeit einer Jusammen-
fassung der Verwaltung der liquiden feindlichen Dermögenswerte geltend gemacht.
Eine neue Zundesratsverordnung vom 10. April sieht hierfür eine eigene dem Reichs-
kanzler (Reichsamt des Innern) unterstebende Behörde unter dem Mamen „Treu-
Bänder für das feindliche Dermögen“ vor.
Die Tätigkeit des Treuhänders soll sich im wesentlichen auf zwei HBauptgruppen
von feindlichen Dermögen erstrechen: 1. auf Geldmittel aus einzelstaatlicher Derwaltung
feindlichen Dermögens (FSwangsverwaltungen, Liquidationen usw.), 2. auf die einer
besonderen Derwaltung noch nicht unterstehenden feindlichen Guthaben.
Durch die Einsetzung des Treuhänders wird von den einzelnen, von den Landes-
behörden eingesetzten Fwangsverwaltungen an den Liquidationen unter Mitwirkung
des Reichskommissars usw. nichts geändert. Diese Derwaltungen werden nur insoweit
berührt, als ihr finanzielles Ergebnis, die für eine Anlage verfügbären Gelder, dem
Treuhänder zur Derfügung zu stellen sind. Der Schwerpunkt der Neuregelung liegt
darin, daß eine Hentralstelle geschaffen wird, welche die Zuchführung, Statistik und
damit den Uberblick über die bei den verschiedensten Stellen liegenden feindlichen Gelder
3entralisiert und die VDerfügungsmacht über die Gesamtbheit des Geldes auszuüben in
der Lage ist.
Was die einer besonderen Derwaltung noch nicht unterstehenden feindlichen
Guthaben und Wertpapiere anlangt, so kann der Trenhänder nach der neuen Der-
ordnung an den Schuldner herantreten und unter Hrüfung aller Derhältnisse des ein-
zelnen Falles gegebenenfalls zur Einziehung der Forderung schreiten. Im übrigen
trilt er als ameliche Hinterlegungsstelle für feindliche Forderungen an die Stelle der
Reichsbank.