Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst v. 5. Dezember 1916. 8 8. 593
geber seinerzeit auch den Abkehrschein nicht verweigern wollte, so empfiehlt es sich für
den Arbeitgeber, falls er sich seine Rechte aus § 9 Abs. 1 des Hilfsdienstgesetzes vorbehalten
will, dies gleichzeitig ausdrücklich zu erklären. Unterläßt er dies nicht nur, sondern äußert
er sogar bei Aushändigung der Arbeitspapiere, daß er damit auch seine Zustimmung im
Sinne des Hilfsdienstgesetzes erteile, so ist er hieran gebunden; ein Widerruf dieser Er-
klärung ist nicht zulässig. Bei dieser Rechtslage könnte der Wortlaut des „Losscheins“
dem Arbeitnehmer eine Handhabe geben, auch gegen den Willen des Arbeilgebers die
Stelle zu verlassen; denn der Schlichtungsausschuß würde voraussichtlich aus der in dem
Losscheine enthaltenen Erklärung die unwiderrufliche Zustimmung zum Ausscheiden im
Sinne des Hilfsdienstgesetzes folgern. Unter diesen Umständen muß dem Arbeitgeber
das Recht zugestanden werden, auf den Losschein, dessen Hergabe er ja nicht verweigern
darf, einen Vermerk des Inhalts zu setzen, daß er sich sein Recht vorbehalte, den Abkehr-
schein auf Grund des Hilfsdienstgesetzes zu versagen. Will der Arbeitnehmer sich hiermit
nicht zufriedengeben, so ist es ihm unbenommen, jederzeit bis zum Ablaufe der Kündi-
gungsfrist — also auch sofort — den Schlichtungsausschuß anzurufen und dort den Nachweis
zu führen, daß er einen „wichtigen Grund“ im Sinne des 59 Abs. 2, 3 des Hilfsdienstgesetzes
hat, nach Beendigung seiner Dienstzeit aus seiner Stelle auszuscheiden. Gelingt dieser
Nachweis, so wird der Ausschuß ihm gemäß § 9 Abs. 2 Satz 3 daselbst zu bescheinigen haben,
daß er zu dem angegebenen Zeitpunkt den Dienst verlassen darf. Durch diese Bescheini-
gung wäre dem in dem Losschein enthaltenen Vorbehalt die Wirkung genommen, so daß
dem Arbeitnehmer ein Schaden aus ihm nicht erwachsen könnte. Erteilt der Ausschuß den
Abkehrschein nicht, so ist damit durch die zuständige Stelle zum Ausdruck gebracht, daß der
A0rbeitnehmer in seinem jetzigen Dienste verbleiben soll, und er kann daher ebenfalls keine
Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber erheben, wenn er infolge des im Los-
schein enthaltenen Vorbehalts keinen anderen Dienst findet.
11. Kriegsamt (Rechtsabtl.) Amtl Mitt. 17 Nr. 21 S. 3. Der Abkehrschein wird
durch die Überweisung ersetzt. Der Sinn und die Aufgabe des Hilfsdienstgesetzes zwingen
dazu, dies anzunehmen. Die Einrichtung des Abkehrscheins ist im Interesse des Hilfs-
dienstes getroffen worden, und zwar um zu verhindern, daß eine Beschäftigung im Hilfs-
dienste ohne wichtigen Grund aufgegeben wird; es soll keine unnötige Abwanderung
von Arbeitskräften stattfinden und deswegen der einzelne Hilfsdienstpflichtige an der
Stelle, wo er einmal nützlichen Hilfsdienst leistet, festgehalten werden können. Der zu
diesem Zwecke in §J 9 und § 18 Nr. 2 des Gesetzes geordnete Zwang ist bekanntlich nur ein
mittelbarer, insofern dem neuen Arbeitgeber Strafe angedroht wird, wenn er einen Hilfs-
dienstpflichtigen ohne Abkehrschein in Arbeit nimmt. Es wäre aber ganz widersinnig, diese
Bestimmungen des Gesetzes auch dann anzuwenden, wenn der Hilfsdienstpflichtige durch
einen Einberufungsausschuß überwiesen wird. Denn er soll auf diese Weise ja gerade
einer Beschäftigung im Hilfsdienste zwangsweise zugeführt werden, und es ist nicht an-
gängig, eine andere Bestimmung des Hilfsdienstgesetzes dazu zu verwenden, um diese
Maßnahmen des Einberufungsausschusses zu durchkreuzen. Eine Gesetzesauslegung,
die zu einem Widerspruch des Gesetzes gegen sich selbst oder gar zu einem Widersinn führt,
muß immer verworfen werden.
12. Gew G. Bremen (Kriegsamt 17 Nr. 25 S. 2). Der Arbeitgeber ist zur Ausstel-
lung des Abkehrscheins auch ohne Mahnung verpflichtet. Schadensersatz wegen Vorent-
haltung des Abkehrscheines kann aber nur verlangt werden, wenn der Arbeitgeber dieser
Verpflichtung trotz Mahnung nicht entspricht.
13. Hahn a. a. O. 182. Der §J9 H. erstreckt sich zweifellos auf die Preuß. Ge-
sinde O. v. 8. Nov. 1810, wenngleich § 626 BGB. — fristlose Kündigung aus wichtigem
Grund — für das Gesinderecht nicht gilt. Selbstverständlich gilt trotz des § 9 Abs. 3 HDG.
s 3 des Ges. von 1854 (Koalitionsverbot).
14. Gew G. Duisburg, Gewuffm G. 17 47. Der Arbeiter, der mangels eines Abkehr-
scheines arbeitslos war, kann Schadenersatz nicht verlangen, wenn er wegen der Verweige-
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