Gesetz über den vaterländischen Hilssdienst v. 5. Dezember 1916. Anhang. 6211
ein Gedanke zum Ausdruck gebracht, der das ganze Gesetz behertscht, nan entlich auch die
wichtige Bestimmung in g 9 Abs. 3: das Interesse des Einzelnen ist gegen das öffentliche
pnaterländijche Interesse abzuwägen; letzteres überwiegt natürlich im Zweifel.
Nun würde aber der Einberufungsausschuß — und zwar zunäckst sein Vorsitzender —
auch berechtigt sein, mil dem Prinzipal des herangezogenen Hilfsdienstpflichtigen darüber
zu verhaudeln und entsprechend auf ihn einzuwirken, ob er nicht den langfristigen Vertrag
des Angestelllen respektieren und ihm die Stelle bis auf weiteres offen halten wolte. Ein
verständiger Varsitzender wird auf diese Weise gewis viel erreichen und, salls der Prinzipal.
wurklich krin billiges Entgegenkommen zeigen sollte, seinerseits wieder auf den Ausschuß
cinwirken, die Aussorderung dann lieber zurückzunehmen usw.
Deswegen ist zu hoffen, daß bei richtiger Handhabung des Gesetzes auch die Inter-
Essen der langfristig Angestellten gewahrt werden können, und es könnte deshalb vielleicht
davon abgesehen werden, etwa nach & 19 des Hilfsdienstgesetzes eine Ausführungebestim-
mung zu erlassen oder gar cine Gesetzänderung zu versuchen, wonack longfristige Verträge
grundsätzlich offen gebalten werden müßten. Die Eigenart des einzelnen Falies kann
durch richtige Handhabung des Gesetzes an der Hand des 5 31 der Verfahrensanweisung
besser berücksichtigt werden als durch eine Gesetzesbestimmung allgemeiner Natur, bei der
es doch wieder eine Anzahl ungerechter Grenzfälle geben würde. Doch soll der Frage
eines gesetzlichen Eingriffes zugunsten der Angestellten hier nicht vorgegriffen werden.
Der Parität halber möchte übrigens darauf hingewicsen werden, daß in der Verjahrens-
anweisung auch für das Interesse des Prinzipals gesorgt ist, falls es — was doch möglich
ist — durch die Heranziehung cines hilfsdienstpflichtigen Angestellten gefährdet werden
sollte. In § 30 ist gesagt:
„Gibt ein Oilfsdienstpflichtiger, ohne durch eine besondere Aufforderung des Ein-
verufungsausschusses herangezogen zu sein, seine Beschäftigung unter Nichtachtung
entgegenstehender Vertragsbedingungen auf, um in den vaterländischen Hilfsdienst
einzutreten, so kann sein bisheriger Arbcitgeber den Vorsitzenden des zuständigen Ein-
berusungsausschusses behufs Aufrechterhaltung des Beschäftigungsverhältnisses um
seine Vermittlung angehen.“
Diese Beslimmung ist. wie ohne weiteres erkennbar, gerade auf langfristige Verträge gut.
onwendbar und soll deren Aufrechterhaltung auch zugunsten des Prinzipals schützen.
Schließlich konnen beide, sowohl der Angestellte wie auch der Prinzipal, wenn es
zur „Uberweisung“ des Angestellten kommen sollte, die unnötige Verkümmcrung eines
langsristigen Vertrages durch das Rechtsmittel der Beschwerde bekömpfen und im Be-
schwerdeverfahren alles geltend machen, was sich etwa zugunsten der Schonung der Ver-
rtragsrechte sagen ließe. Es ist doch wohl zu hoffen, daß auf diese Weise diese außerordont-
lich wichtige sozialpolitische Frage, die ja auch im Reichstage lebhaft besprochen worden ist,
hunächst eine befriedigende Lösung gefunden hat. Am besten ist es natürlich, wenn schon
die Beteiligten, nämlich Prinzipale und Angestellte, unter sich und ohne Mitwirkung der
Organe des Hilfsdienstgesctzes, solche Fragen friedlich schlichten. Der große vaterländische
Gedanke des Hilfsdienstes, der sich hoch über alle Rechtsfragen aus der Anwendung des
begebenen Gesetzes erhebt, wird gewiß auch dazu führen, daß dies in der Regel geschieht.
C. Aurechnung des vaterländischen Bilfsdienstes auf das
Dienstalter der Staatsbeamten.
Allgemeine Berfügung des Preuß. Justizministers vom 24. Mai 1917 Üüber die An-
rechnung des vaterländischen Hilfsdienstes auf das Dienstalter der Staatsbeamten.
(OMBl. 178.)
Der nachstebend abgedruckte Staatsministerialbeschluß vom 22. März 1917 über
Anrechnung des vaterländischen Hilfsdienstes auf das Dienstalter der Beamten wird zur
Beachtung mit folgenden Erläuterungen mitgeteilt: