Zweiter Abschnitt. Das Fürstentum Reuß ä&L. 095
Vermögens; andererseits ist er aber auch jeder Verbindlich-
keit zur Tragung der auf diesem Vermögen ruhenden Aus-
gaben und Leistungen (z. B. Wittum, Apanagen) enthoben,
wie auch der Landesherr auf jede Beihilfe zu deren Be-
streitung aus Landesmitteln, insbesondere auch auf die
früher bewilligten Sustentationsgelder verzichtet hat. Damit
ist der unterm 30. Juni 1851 zwischen dem Staate und der
landesherrlichen Familie abgeschlossene Vertrag über die
Abtretung der Nutznießung des Kammervermögens an den
Staat gegen Gewährung einer Zivilliste erloschen.
Das Kammervermögen ist seinem Umfange nach durch
das Verfassungsgesetz festgelegt. Es wird durch die Fürst-
liche Kammer, die in Greiz ihren Sitz hat und der Behörden-
eigenschaft innewohnt, verwaltet, und zwar völlig unab-
hängig von der Landesregierung, einer anderen: Staats-
behörde oder der Landesvertretung. Hinsichtlich der
Verfügung über seine Substanz sowie seine Benutzung
und Verwaltung sind allein die im agnatischen Verhält-
nisse und in den Haus- und Familienverträgen des
Reußischen Gesamthauses begründeten Verpflichtungen für
den Landesherrn maßgebend. Die entgegenstehenden Be-
stimmungen des Landesgrundgesetzes vom 15. März 1809
sind durch die Verfassung außer Kraft gesetzt. Ein be-
sonderes Hausgesetz für die ältere Linie Reuß besteht
nicht; das Hausgesetz der jüngeren Linie Reuß ist allein
für diese maßgebend.
Am 21. April 1863 ist zwischen der Landesregierung
und der Kammer ein nicht veröffentlichter Vertrag — sog.
Intradenvertrag — geschlossen worden über eine Ent-
schädigung, die vom Staat an die Kammer als Entgelt für
die Überlassung einer Reihe von Einkünften zu zahlen ist.
Zu den landesherrlichen Regalien gehört kraft des
vom Kaiser Friedrich I. bereits im Januar 1232 den Vor-
fahren in der Staatsregierung darüber erteilten Diploms
und des uralten Herkommens der Bergbau (Bergregal).