Zweiter Abschnitt. Das Fürstentum Reuß &.L. 103
abgeändert ist, zerfällt das Staatsvolk in Ortsgemeinden
8 11) und das Staatsgebiet in Ortsgemeindebezirke.
Die Ortsgemeinde, die Gesamtheit der im Ortsgemeinde-
bezirk eingesessenen Staatsvolksgenossen, hat das Recht der
Persönlichkeit und kann als solche Rechte erwerben und
Verkindlichkeiten eingehen, und zwar durch ihren Gemeinde-
vorstand ($ 63), der im Namen der Gemeinde handelt, vor-
ausgesetzt, daß zu dem betreffenden Geschäft die erforder-
liche Genehmigung des Gemeinderats bzw. der Gemeinde-
versammlung erteilt ist. Fügt der Gemeindevorstand in
Ausübung seines Berufs einem Dritten einen Schaden zu,
so haftet dafür die Gemeinde (vgl. $ 43).
Jeder Gemeinde steht die Ortspolizei zu. Diese
umfaßt, soweit die Städte in Betracht kommen, die Sitten-,
Gesundheits-, Gewerbe-, Markt-, Feuer-, Straßen-, Wege-,
Fremden- und allgemeine Sicherheits- und Ordnungspolizei,
die Handhabung der polizeilichen Aufsicht über das Schank-,
Feuerversicherungs- und Gesindewesen sowie auf Bauten,
Anlagen, Brücken, Stegen, Kanälen, Wasserläufen und deren
Ufer, soweit nieht durch reichs- oder landesrechtliche Be-
stimmungen anderen Behörden jene Polizeibefugnisse zu-
gewiesen werden, überdies auch alle sonst der Gemeinde-
polizei ausdrücklich überlassenen Überwachungs-, Ein-
schreitungs- und sonstigen Polizeibefugnisse.
Die Ortspolizeibefugnisse der Landgemeinden eut-
sprechen im Zweifel den den Ortsgerichtspersonen vor dem
Jahre 1871 eingeräumten Befugnissen, zu denen aber noch
die Berechtigung zum Beglaubigen von Zeugnissen in
Dienstbüchern und Fischkarten hinzukommt.
Innerhalb der Zuständigkeitsgrenzen der Ortspolizei
kann der Gemeindevorstand, auch ohne daß hierauf ge-
richtete statutarische Vorschriften bestehen, wenn Gründe
des Öffentlichen Wohls oder Gefahren in bezug auf das
Leben, die Gesundheit oder das Vermögen der Bewohner
des Gemeindebezirks es erheischen und gesetzliche Ver-
ordnungen oder Ortsstatuten nicht entgegenstehen, nament-
lich nicht bereits eine bezügliche Strafandrohung für den
betreffenden Fall enthalten, aus Anlaß eines bestimmten
Ereignisses oder Zustandes Gebote oder Verbote unter An-