Full text: Das Staats- und Verwaltungsrecht der Fürstentümer Reuß älterer und jüngerer Linie.

Zweiter Abschnitt. Das Fürstentum Reuß ä. L. 193 
zuständig. Die Oberaufsicht wird hinsichtlich aller Ge- 
meinden durch die Landesregierung ausgeübt, welche in- 
dessen in bestimmten, im Gesetz vom 6. Mai 1884 näher be- 
zeichneten Fällen dabei an die Eütschließung des Landes- 
herrn gebunden ist. 
Die Aufsichtsbehörde über städtische Ge- 
meindeverwaltung führt ihren Ursprung auf das 
Gesetz vom 7. Januar 1884 zurück; sie setzt sich zu- 
sammen aus einem Vorstand, zwei Mitgliedern und zwei 
Stellvertretern für diese. Sämtliche sind aus der Zahl der 
Juristen und zwar die Mitglieder bzw. deren Stellvertreter 
auf die Dauer von drei Jahren vom Landesherrn zu er- 
nennen; der Vorstand soll in der Regel ein Mitglied der 
Landesregierung sein; er hat die Dienstaufsicht über das 
der Behörde beigegebene Bureau- und Hilfspersonal und 
das Recht, Ordnungsstrafen bis zum Betrage von 25 Mk. 
oder bis zu drei Tagen Haft wegen einer der Behörde 
gegenüber begangenen Ungebühr zu verfügen und sofort 
vollstrecken zu lassen. 
Die Aufsichtsbehörden haben das Recht der ständigen 
Überwachung der Gemeinden und ihrer Organe und haben 
über Beschwerden und Berufungen zu entscheiden, die 
gegen das Verhalten der Gemeindeorgane oder ihre Be- 
schlüsse erhoben werden, falls nicht der Landesaussghuß 
dafür zuständig ist. Sie haben ferner das Recht, gegen 
Mitglieder des Gemeinderats oder des Gemeindevorstandes 
oder gegen den Vorsitzenden der Gemeindeversammlung 
Ordnungsstrafen auszusprechen, wenn sie ihre Pflichten ver- 
letzen. 
Wenn der Gemeinderat bzw. die Gemeindeversammlung 
sich weigern, gesetzlich notwendige Ausgaben der Gemeinde 
zu genehmigen, so ist die Aufsichtsbehörde ermächtigt, die- 
selben von Amts wegen in den Voranschlag einzutragen oder, 
ihre außerordentliche Aufbringung anzuordnen und voll- 
ziehen zu lassen. Wird seitens der Gemeinde die Voraus- 
setzung der gesetzlichen Notwendigkeit der Ausgaben. be- 
stritten, so bleibt ihr gegen die Entscheidung der Aufsichts- 
behörde die Berufung an die Landesregierung vorbehalten, 
Verweigern die Gemeindeversammlung bzw. der Ge-
	        
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