Full text: Das Staats- und Verwaltungsrecht der Fürstentümer Reuß älterer und jüngerer Linie.

29 ‚Besonderer Teil. 
ziplinarvferfahren zu verfügen. Dieses muß einer 
Entfernung aus dem Amte vorhergehen. Als Disziplinar- 
behörden kommen in Betracht: die Disziplinarkammer 
als erste und der Disziplinarhof als zweite Instanz. 
Jene setzt sich zusammen aus dem Präsidenten des Land- 
gerichts und vier Mitgliedern, dieser aus dem Präsidenten 
des Oberlandesgerichts und ebenfalls vier Mitgliedern. Alle 
Mitglieder werden je auf fünf Jahre vom Landesherrn er- 
nannt. Bei einem Disziplinarverfahren gegen die Richter 
des Landgerichts und der Amtsgerichte gelten besondere 
Bestimmungen; insbesondere kann die Einleitung des förm- 
lichen. Disziplinarverfahrens gegen sie nur durch einen 
Beschluß des Disziplinargerichts angeordnet werden. 
Dieses wird gebildet durch den Strafsenat des Oberlandes- 
gerichts, gegen dessen Entscheidung Berufung an das Plenum 
des Oberlandesgerichts als Disziplinargericht zweiter Instanz 
zulässig ist. Hinsichtlich der Richter des Oberlandesgerichts 
Jena ist auf Grund des Staatsvertrags vom 19. Februar 1877 
das Disziplinarverfahren durch: die Gesetzgebung des Groß- 
herzogtums Sachsen-Weimar geregelt. 
Alle Beamten haften bei einer Verletzung ihrer Amts- 
pflicht auch. noch zivilrechtlich. Allerdings trifft nach 
$ 48 des Reuß. j.L. A.G. zum B.G.B. vom 10. August 1899 
den Staat an Stelle seiner Beamten die im. $ 839 des B.G.B. 
bestimmte Verantwortlichkeit für. den Schaden, den ein 
Beamter in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen 
Gewalt unter. vorsätzlicher oder fahrlässiger . Verletzung 
seiner Amtspflicht einem dritten zufügt — aber nur den 
Verletzten bzw. ‘deren Rechtsnachfolgern gegenüber; da- 
gegen ist der Staat berechtigt, den auf Grund: jener Be- 
stimmung geleisteten Schadensersatz von dem in Betracht 
‚kommenden Beamten wieder beizuziehen. 
Eine Untersuchung gegen einen Staatsdiener wegen. 
Verfassungsverletzungen oder Dienstvergehen, welche auf 
die. an den Landesherrn gelangte Anklage von seiten der 
Volksvertretung ($ 19) eingeleitet worden ist, kann ohne 
deren Zustimmung nicht niedergeschlagen werden. Eben- 
sowenig kann in einem solchen Falle das dem Landesherrn 
zustehende Begnadigungsrecht ($ 6) ohne jene Zustimmung
	        
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