Erster Abschnitt. Das Fürstentum Reuß j. L_ 39
Kein Mitglied des Landtags darf zu irgendeiner Zeit wegen
seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines
Berufs getanen Äußerungen gerichtlich oder disziplinarisch
verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Ver-
antwortung gezogen werden. Kein Abgeordneter darf sein
Stimmrecht im Landtage durch Beauftragte ausüben lassen
oder für seine Stimme Instruktionen annehmen; der Ab-
geordnete ist also nicht als ein Vertreter seiner Wähler
anzusehen, seine Stellung ist vielmehr im Staatsrecht be-
gründet; er ist frei von jeder privatrechtlichen Verantwort-
lichkeit gegenüber seinen Wählern.
8 17.
Mitwirkung bei der Ordnung des Staatshaushalts.
Recht der Steuerbewilligung.
Die Volksvertretung hat die Pflicht, das gesamte Staats-
vermögen zu überwachen und dahin zu wirken, daß sowohl
die Beiträge der Staatsangehörigen zu dem, was die Ver-
waltung des Landes und das Gemeinwohl erheischt, mit
Sparsamkeit gefordert und mit Gerechtigkeit verteilt, als
auch daß die gesamten Staatseinkünfte mit Genauigkeit
und Gewissenhaftigkeit ihrer Bestimmung gemäß ver-
wendet werden. Mit Rücksicht hierauf hat das Ministerium
dem Landtag einen genauen Voranschlag dessen, -was
zur Verwirklichung des Staatszwecks von ihm an Geld-
mitteln auf die Dauer von drei Jahren, also auf die
Dauer einer ordentlichen Landtagsperiode benötigt wird‘
bei Beginn derselben vorzulegen, mit ihm durchzuprüfen
und über die Art, wie die nach dem Voranschlag be-
nötigten Mittel aufzubringen sind, mit ihm zu beraten.
Sind beide über den Etat, die zu dessen Bestreitung
für die. nächste Finanzperiode (drei Jahre) erforderlichen
öffentlichen ‚Abgaben, und zwar sowohl über ihren
Betrag wie über ihre Art und Erhebungsweise einver-
standen, dann gelten Etat und Abgaben als von der Volks-
vertretung genehmigt; die Abgaben sind sodann mittelst
fürstlichen Patentes auszuschreiben und bekanntzumachen
(85 41, 42).