BI. Der Einfluß; des Krieges auf die
Verträge im allgemeinen.
Ehe wir den Einfluß des Krieges auf die besonderen Schuld-
verhältnisse untersuchen, wollen wir uns kurz der Frage zu-
wenden, ob und inwieweit sich solche Einwirkungen auch auf das
allgemeine Vertragsrecht geltend machen. Dabei werden wir
uns hauptsächlich mit den gegenseitigen Verträgen als den Haupt-
verkehrsgeschäften zu befassen haben.
1. Die Einwirkung auf die Begründung des Vertrages.
Schon bei der Begründung des Vertrages zeigt sich der Ein-
fluß des Krieges.
Unser Bürgerliches Gesetzbuch steht, was das Wirksamwerden
des Antrags anlangt, auf dem Standpunkt der Zugangslehre).
Der Antrag wird erst rechtswirksam, wenn dem anderen Teile
nach allgemeiner Lebenserfahrung die Möglichkeit geboten ist,
Kenntnis von dieser Willenserklärung zu erhalten?). Von diesem
Augenblick an ist der Antragende an seinen Antrag gebunden, ein
Grundsatz, den § 145 BGB. aufstellt. Diese Gebundenheit kann
natürlich nicht für unbegrenzte Zeit bestehen, und sie ist denn
auch vom Gesetz zeitlich beschränkt worden.
Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nach der Be-
stimmung des § 147 BG#. nur sofort angenommen werden.
Der einem Abwesenden gemachte Antrag aber kann nur bis zu
dem Zeitpunkt angenommen werden, in dem der Antragende den
Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten
darf C 147 II BG.).
Der vom Gesetz bestimmte Zeitpunkt ist als das Ende eines
Zeitraums anzusehen, der sich ergibt aus der Beförderungszeit
des Antrags zum Antragsgegner, der Beförderungszeit der Ant-
wort zum Antragenden und der dazwischenliegenden Zeit, die
dem Antragsempfänger zum Überlegen gegeben werden muß
(tempus modicum)s). Diese Frist wird sich nach dem Berufe
6) Motive 1 S. 157.
7) Staudinger, § 130 Anm. 3 S. 505.
8) Mot. I S. 170.