Full text: Der Einfluß des Krieges auf die Hauptverträge des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

— 10 — 
Zum Schlusse sei noch erwähnt, daß der Tod einer der 
beiden Parteien im Kriege keine andere Wirkung auf Antrag 
und Annahme ausübt wie im Frieden. 
2. Die Einwirkung auf die Erfüllung des Vertrags. 
a) Clausula rebus sic stantibus. 
Pacta sunt servanda, das ist der Sinn der Bestimmungen 
des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Soll dieser Grundsatz aber unter 
allen Umständen aufrechterhalten werden, soll ein Vertrag, der im 
tiefsten Frieden geschlossen wurde, auch für Kriegszeiten unverändert 
fortdauern? Das ist im allgemeinen zu bejahen. Es gibt nur 
wenige Bestimmungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, durch die bei 
bloßer Veränderung der äußeren Verhältnisse ohne Rücksicht darauf, 
ob ein Verschulden vorliegt oder nicht, eine einseitige Abänderung 
des Vertrags erlaubt wird. 
Vor dem Bürgerlichen Gesetzbuch hatten manche deutsche 
Rechte den Grundsatz, daß die Verträge unter der Voraussetzung 
der Fortdauer des Zustandes, wie er beim Abschluß des Vertrags 
bestand, geschlossen würden. Die naturrechtliche Lehre vertrat 
denselben Standpunkt. Ins Bürgerliche Gesetzbuch ist diese sog. 
Clausula rebus sic stantibus nicht ausgenommen worden. In 
treffender Weise hat dies das Reichsgericht!) mit folgenden Worten 
gekennzeichnet: „Mit Bezug auf § 458 des Entwurfs I, dem im 
wesentlichen der 9 610 BG#B. entspricht, haben die Motive zum 
Entwurf 1 an einer anderen Stelle — Bd. 2 S. 199 — aus- 
drücklich ausgeführt: „Den Rücktritt wegen veränderter Umstände 
— clausula rebus sic stantibus — läßt der Entwurf nur in einem 
Falle zu, nämlich bei dem Vertrag, durch welchen die Hingabe 
eines Darlehns versprochen wird.“ Von der II. Kommission 
— Prot. Bd. 1 S. 631 — wurde die Klausellehre in dem durch 
*321 BG. bezeichneten Umfange und mit der dort bezeichneten 
Wirkung auch auf den Fall der Verpflichtung zur Vorleistung aus 
einem gegenseitigen Vertrag ausgedehnt. Die bezogenen Beratungen 
hierüber und die Beratungen der II. Komm. zu § 485 Entw. 1 — 
  
15) Ro Z. 50 S. 257, ähnl. RGZ. 60 S. 58; ebenso RGRKomm. 8 321 
Anm. 3; Planck, § 157 Anm. Ga, b; Staudinger, Vorbem. zu § 305 V 2 
Abs. 2 und § 157 Anm. 4 Abs. 3. A. A.: Leo Stahl in „Die sog. Clausula 
rebus sic stantibus“, München 1909.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.