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Die Clausula rebus sic stantibus kennt unser Gesetzbuch nicht.
Doch wenn wir die von ihm zugelassenen Auslegungsregeln beob-
achten, haben wir Waffen genug, um einem unbilligen, rücksichts-
losen Verlangen nach Bertragserfüllung entgegentreten zu können.
b) Die Kriegsklausel.
Von besonders einschneidender Wirkung auf den Vertrag ist
die Kriegsklausel, eine vertragliche Bestimmung meist des Inhalts,
daß der Krieg ohne weiteres von der Verpflichtung zur Vertrags-
erfüllung entbinde. Im allgemeinen wird sie nur zugunsten des
Lieferanten getroffen. Er soll durch sie vor großen Opfern ge-
schützt werden, die er beim gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht
hätte bringen müssen, er soll nicht schlechter gestellt werden als
bei Vertragsabschluß. Die Kriegsklausel dient also vernünftigen
und erlaubten Zwecken und ist deshalb rechtsgültig. Ob der
Lieferant sich auf die Kriegsklausel berufen oder trotzdem den Ver-
trag erfüllen will, steht in seiner Hand. Die Frage ist aber, ob
er unter allen Umständen sich auf die Klausel stützen darf.
Skaadecker u) verneint dies: „Wird von der Kriegsklausel ein Ge-
brauch gemacht, welcher mit ihrem Zweck und Wesen nicht im
Einklang steht, so verstößt die Berufung auf sie gegen die guten
Sitten, und ihre rechtliche Wirksamkeit erlischt.“ Als Beispiel
führt er einen Lieferanten an, der zwar die bestellte Ware liefern
kann, aber die Lieferung unter Berufung auf die Kriegsklausel
ablehnt, um einen höheren Preis zu erzielen, und er spricht in
diesem Falle dem Abnehmer das Recht zu, „ungeachtet der Kriegs-
klausel auf Lieferung zu bestehen“. Hierin ist ihm aber nicht bei-
zustimmen. Staadecker erkennt selbst die Rechtsgültigkeit der
Kriegsklausel an. Die Klausel wird beim Abschluß des Vertrags
in diesen ausgenommen, sie ist eine auflösende Bedingung. Unter-
wirft sich ihr der Abnehmer, so hat er auch die daraus entstehenden
Folgen zu tragen. Ein Verstoß gegen die guten Sitten kann auf
keinen Fall darin gefunden werden, daß sich der Lieferant für
die Zukunft sichert. Ist aber die Kriegsklausel rechtsgültig, so kann
man den Berechtigten im allgemeinen an ihrer Geltendmachung
nicht hindern :2), gleichgültig, ob ihn wirtschaftliche Not dazu zwang
21) JW. 1914 S. 848.
23) Ebenso Reiche, JW. 1914 S. 903; Löwenstein, JW. 1914 S. 948;