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worden, so kommt beim vorzeitigen Zurückkehren des Einberufenen
nicht mehr der Unterschied in der Bedeutung der Stelle in
Betracht. Als Grundsatz ist vielmehr festzuhalten, daß die un—
gerechtfertigte fristlose Kündigung stets als gesetzliche wirkt.
Für die Handlungsgehilfen gilt im allgemeinen dasselbe wie
für die dem Bürgerlichen Gesetzbuch unterstehenden Dienst-
verpflichteten. Auch nach § 70 HGB. kann beim Vorliegen
eines wichtigen Grundes fristlos gekündigt werden. Als solchen
gibt § 72 Ziff. 3 eine die Zeit von acht Wochen übersteigende
militärische Dienstleistung an. Mit Rücksicht auf diese Bestimmung.
dürfte eigentlich auch bei der Einberufung erst nach Ablauf von
acht Wochen gekündigt werden ts). Doch da von Anfang an
vorauszusehen war, daß der Krieg länger dauern würde, so
konnte der Prinzipal schon bei der Einziehung von seinem Rechte
Gebrauch machen's). Das wird auch allgemein anerkannt.
Sehr bestritten ist dagegen die Anwendbarkeit des Abs. 2
des § 72 HG.:
„Erfolgt die Kündigung, weil der Handlungsgehilfe durch
unverschuldetes Unglück längere Zeit an der Verrichtung
seiner Dienste verhindert ist, so wird dadurch der in § 63
bezeichnete Anspruch des Gehilfen nicht berührt.“
Dieser Anspruch aber besteht auf Gehalt und Unterhalt bis
zur Dauer von sechs Wochen.
Ist der Krieg als „unverschuldetes Unglück“ anzusehen? Das
kann man sicherlich nicht behaupten, wenn man seine sittlichen
und moralischen Wirkungen auf unser Volk bedenkt. Die be-
geisterte Vaterlandsliebe, die unendlich vielen und großen, frei-
willig gebrachten Opfer, die religiöse Erneuerung. Aber auch in
politischer Beziehung darf man das nach dem bisherigen Verlauf
der Dinge verneinen. So bliebe denn noch die wirtschaftliche
Seite zu erörtern. Es kann nicht geleugnet werden, daß auf
feindlicher wie auch auf unserer Seite durch die mittelbaren und
unmittelbaren Einwirkungen des Krieges unersetzliche Werte ver-
nichtet wurden und noch werden. So wäre es vielleicht mög-
lich, in wirtschaftlicher Hinsicht — aber auch nicht allgemein! —
105) Gesetz und Recht 1914 S. 572; Baum in G. u. KG. XIX Nr. 12
S. 412.