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zum Vaterland, aus der Lust am Kriegshandwerk, aus Taten-
und Abenteurerdrang. War auch die Unterdrückung dieses Auf-
standes in den verschiedensten Beziehungen für uns von größter
Wichtigkeit, so handelte es sich doch — nur um einen Kolonial-=
krieg. Verhältnismäßig wenige Tausende Soldaten reichten aus,
um das Land unter unserer Oberherrschaft festzuhalten, um Ruhe
und Ordnung wieder einzuführen. Stellte sich in diesem Kriege
jemand freiwillig, ganz gleichgültig, aus welchen Gründen, und
wurde es ihm dadurch unmöglich, seine vertraglichen Pflichten zu
erfüllen, so hatte er die Unmöglichkeit verschuldet und konnte
schadensersatzpflichtig gemacht werden.
Anders jetzt. Der Weltkrieg, der unsere Grenzen umtobt,
ist der seit Jahrhunderten schwerste, den unser Volk durchzufechten
hat. Wir mit unseren Verbündeten stehen der ganzen Welt gegen-
über. Durch Blut und Eisen wird jetzt um Sein oder Nichtsein
entschieden. Der gesicherte Fortbestand, die Herrscherstellung unseres
Reiches ist der Siegespreis. Da muß auch die Frage, die uns
jetzt beschäftigt, eine andere Wertung erfahren. Es mag ganz
vereinzelte Fälle geben, wo jemand sich freiwillig meldet, um sich
lästigen Vertragspflichten zu entziehen. Bei den weitaus meisten
aber wird Vaterlandsliebe, das heilige Bestreben, dem Vaterlande
aus schwerer Not zu helfen, die Triebfeder sein. Und der frei-
willig in den Heeresdienst Eintretende wird in einen Widerstreit
der Pflichten kommen, der Pflicht, dem Vaterlande zu dienen,
und der, ein privates Vertragsverhältnis zu erfüllen. Da kann
die Entscheidung im allgemeinen nicht mehr zweifelhaft sein. Dem
Vaterlande seine Kraft zu weihen, ist die höchste Pflicht des Staats-
bürgers. Unendlich hoch steht sie über der Vertragspflicht, dem
Geschäftsherrn täglich viele Bogen Papier mit Zahlen zu beschreiben.
Und es ist ganz klar, daß hier die höhere Pflicht der privaten
vorgehtun). Die durch freiwillige Stellung herbeigeführte Unmöglich-
keit, den privaten Vertragspflichten nachzukommen, ist unverschuldet
und befreit den Betreffenden von jeder Schadensersatzpflicht.
Im allgemeinen! Es wird natürlich auch hier Fälle geben,
wo der freiwillige Eintritt so viel Schaden verursacht, daß es als
weniger vaterländisch gedacht erscheinen muß, sich freiwillig zu
117) Dieselbe Ansicht bei Heimann-Tauber, Kaufmännische Rechtsfragen S. 9.