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Kirnitzsch), oder außerhalb des Sandsteingebirges (Wesenitz) entspringen.
Frisch und klar treiben ihre Wellen durch die Felsengassen dahin.
Ihr Rauschen erklingt als Lied in den Gründen, und die Lachs-
forelle schwimmt aus der Elbe in die schäumende Bergflut. — Das
zweite Element, welches die Gesteinswelt belebt, ist der Wald.
An den feuchten Gründen und Wänden schießen überall die fein
gegliederten Fruchtstengel des Mooses auf und bilden den Zwerg-
wald, der harte Flächen samtweich polstert. Am Rande des
Baches und an sonnigen Lehnen („Leiten“ genannt) sprießen Gräser
und Blumen und bilden einen Halmenwald, der die Moose
überragt. An sandigen Höhen, von Blöcken umschattet, breiten sich
Heidel= und Preißelbeeren aus, die Himbeere und die Brombeere
erheben ihre Stengel und bilden einen Wald von Sträuchern,
der die Gräser verdrängt. In die Risse und Runsen der Felsen-
gebilde dringen die Wurzeln der Kiefern und Fichten ein, schwingen
ihre Wipfel zu den Steinwänden empor und ersteigen die Köpfe
der Säulen und Türme. Auf basaltischem Rücken (am Winterberge!
entfalten Buchen und Birken ihre belaubten Kronen und tragen
Beweglichkeit und Milde unter die starreu Zapfenträger. So bildet
sich der Hochwald, der Moos und Gräser, Sträucher und Büsche
überdeckt. — Das dritte Element, welches das Gebirge belebt, ist das
Wild. Luchs und Wolf verbargen sich einst in den unzugänglichen
Schluchten und Höhlen. Später wurden Bären bei Hohnstein in
einem Waldgarten gehalten, den eine hohe Steinmauer umzog, über
welche die Raubtiere gleichwohl in die Täler des Gebirges entkamen.
Hente nisten Anerhahn und Birkhuhn, Falke und Eule noch in dem
Dickicht der Felsen, oder Reh und Hirsch treten an die Wiesenquelle
zum Morgen= und Abendtrunke. Das Wasser, welches in
Bächen und Flüssen schäumt, die Moose und Gräser,
Sträucher und Bäume, welche nackte Felsen umhüllen,
das Gevögel und Hochwild, welches durch die Aste
schwebt oder bricht, sind Lebensformen, welche das
Naturbild des Gebirges bestimmen.
5. Den Stempel des höhern Lebens aber drückt erst der
Mensch dem Gebirge auf. Daß frühzeitig schon slavische Be-
völkerung das Gebirge bewohnte, mag der Klang so mancher Berg-,
Fluß= und Ortsnamen andenten, deren Sinn wir heute oft ver-
geblich zu ergründen streben. Das Dorf Schmilka, welches wir
als ersten sächsischen Ort am rechten Ufer des Elbstromes treffen,
mag uns ferner als Anhalt für die Wahrnehmung dienen, daß die
Slaven besonders das breite Elbtal besiedelten. Wie im Gegensatze
hierzu die deutsche Bevölkerung tiefer in die Nebentäler des Ge-
birges drang, können wir weiter aus den deutschen Eigennamen
schließen, die in großer Anzahl Höhen und Orte tragen. Unter
ihnen wollen wir uns den Hockstein, der dem Polenztale entsteigt,
und den Kurort Hohnstein merken, dessen Häuser unter den Mauern