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uns der vielen Dörfer, mit denen die Berghöhen bedeckt sind. Wir
treffen auf zahlreiche Eisengießereien, Pappfabriken und Holz-
schleifereien, welche die reichen Waldungen tüchtig ausnutzen. Endlich
erblicken wir Johanngeorgenstadt (6 T auf einer Bergeshöhe.
die früher zu den wildesten Gegenden des Erzgebirges gehörte.
Jetzt aber arbeitet es durch Handschuhnäherei und Kunsttischlerei
für den Luxus und zeigt auf seinem Markte neben einem Schiller-
brunnen auch das Denkmal Johann Georgs I., der 1654 durch
Aufnahme verfolgter böhmischer Protestanten die Gründung der
schönen Bergstadt veranlasßte. So ist das Schwarzwassertal eine
Hemstatt vielseitiger Industrien geworden. Zusammen-
fassung.
5. Das wildeste Gebirgstal aber öffnet sich uns im Gebiete
der oberen Mulde bei Rantenkranz, einem langgezogenen Dorfe,
Fürstenhauses gemahnen mag. Ist ja die Geschichte desselben so
greifbar mit dem erzgebirgischen Muldentale und seinem Walde
verflochten! Hier folgen wir dem Silberwasser der großen Pyhra
und werden im waldigen Tale nach Morgenröthe geführt. Die
Glockenschalen, die das alte Hammerwerk schlägt, geben einen guten
Klang und die eisernen Ofen, die es gießt, eine wohlige Wärme.
In den klaren Wassern wird künstliche Forellenzucht getrieben und
in einem Waldparke das Wild gepflegt. Am tiefsten erschließt sich
uns dann die Natur des Waldgebirges in den engen Talfaltungen
von Wildenthal. Hier brennt in den urwaldartigen Beständen
der Köhler noch den Meiler, indem er Stöcke und Scheite halb-
kugelartig anhäuft, dann mit einem Erdmantel umkleidet und von
innen aus in ein ruhiges Feuer setzt, das er je nach dem Winde
durch Luftlöcher im Mantel leitet, bis die wertvolle Holzkohle
entstanden ist. Hier erfreuen sich auch jährlich Hunderte von
Sommerfrischlern und Wanderern der herrlichen Gebirgswelt. Am
unwirtlichsten aber erhebt sich das Gebirge in Carlsfeld (825 mM
hoch), wo der Frühling erst spät auf die kahlen Wiesenflächen zieht,
wo dichte Sommernebel den Waldbaum gespenstisch umschleiern und
der strenge Winter seine Schneefülle auf die niedern Holzwohnungen
schüttet. Mag man aber anch die Gegend um Karlsfeld in über-
triebener Weise mit dem Namen des Sächsischen Sibiriens
belegt haben, wir dürfen doch nicht vergessen, einmal, daß es auf
dem Hochkamme unseres Gebirges noch kältere Gegenden gibt, das
andere Mal aber, daß selbst in diesen rauhen Bergen die fleißige
Hand des Erzgebirgers nicht erschlafft, der hier nicht bloß in vier
Familien größere Turmuhren, sondern auch in einer Fabrik alle Arten
Hohlglas fertigt. Wie warm aber das religiöse Gefühl in den Seelen der
Bewohner lebt, bezeugt uns die schöne Dorkkirche, in der man eine
Nachbildung der Peterskirche zu Rom erkennen will. Daß endlich
auch die Vaterlandsliebe lebensvoll in den Herzen schlägt, geht ans
der Aufstellung eines Brustbildes des Königs Johann hervor, das,