Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

10. Reichsstnanzen. 95 
oder Bremer. (Die sogen. Veredelung der Bundes- 
beiträge bezweckt demgegenüber einen gerechteren Verteilungs- 
maßstab, z. B. nach dem Gesamtsteuerertrage, nach dem reinen 
Grundwerte oder dem Gesamtvermögen oder den Industrien 
der einzelnen Bundesstaaten.) 
Diese längst unhaltbar gewordenen Zustände haben schon 
seit 1904 wiederholt tief einschneidende Finanzmaßnahmen 
erforderlich gemacht, noch ehe der Weltkrieg seit 1914 gradezu 
umwälzend auch in die Reichsfinanzen eingegriffen hat. In 
der Finanzgeschichte des Reiches ergaben sich seit 1904 hier- 
nach drei größere Abschnitte: 
I. die wiederholten Finanzreformen von 1904 bis 1911; 
II. die Kostendeckung für die Heeresvermehrung von 1913; 
III. die Kriegsanleihen seit 1914 und deren bisherige finanzielle 
Erfordernisse. 
I. Bei den Finanzreformen der Jahre 1904 bis 1911 
(die bedeutendste war 1909 und erbrachte 500 Mill. M jähr- 
liche Mehreinnahmen) galt es, die Überweisungen an die 
Einzelstaaten tunlichst zu beseitigen und die eigenen Einnahmen 
des Reiches erheblich zu mehren. Die Überweisungen sind 
damit bis auf die Branntweinsteuer (rd. 194 Mill.X& s. S. 71) 
und ein Fünftel der Reichserbschaftssteuer (s. S. 74) entfallen. 
Vermehrte Einnahmen ergaben sich anderseits teils aus neu 
geschaffenen Auflagen und Steuern (so besonders für Erb- 
schaften, Zündhölzer und Grundstücksverkäufe (s. S. 68 —74), teils 
aus Erhöhungen von Zöllen (Kaffee und Tee) und Verbrauchs- 
steuern (Bier, Tabak, Branntwein, Schaumwein s. S. 66 f.). 
Bei den Bundesbeiträgen ist die dreijährige Stundung beseitigt, 
dagegen ihre gesetzliche Festlegung auf einen Höchstbetrag nicht 
erreicht worden; tatsächlich wird aber seit 1910 auch ohne 
gesetzliche Bindung die Höhe der ungedeckten Bundesumlagen mit 
80 Pfennigen auf den Kopf der Bevölkerung bemessen (es sind dies 
7“
	        
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