IV. Das Reichsland Elsaß-Lothringen. 109
An der Spitze des Ministeriums steht ein Staats-
sekretär, welcher die Regierungsakte gegenzeichnet und
damit die Verantwortlichkeit übernimmt. Er ist zugleich
der verantwortliche Minister des Statthalters und sein gesetz-
licher Vertreter. Die vier Abteilungen werden von Unter-
staatssekretären geleitet; der Staatssekretär ist nicht deren
Kollege, sondern ihr unmittelbarer Vorgesetzter; seine Ent-
schließung entscheidet daher.
Im Bundesrate ist das Reichsland seitdem durch drei
beschließende Stimmen vertreten (s. S. 51) und nimmt damit
an der Reichsregierung voll Teil.
Die Landesgesetze werden nunmehr vom Kaiser mit Zu-
stimmung des aus zwei Kammern bestehenden, neugeschaffenen
Landtages erlassen. Wie in Preußen ist die Übereinstimmung
des Kaisers und beider Kammern zu jedem Gesetze erforderlich.
(Damit sind der bisherige Landesausschuß sowie die Mit-
wirkung von Bundesrat und Reichstag für die Landesgesetz-
gebung in Fortfall gekommen.)
Der Ersten Kammer gehören zur einen Hälfte Reichs-
angehörige aus Elsaß-Lothringen an, die der Kaiser auf
Vorschlag des Bundesrates ernennt. Die andere Hälfte sind
19 Vertreter der großen Behörden und Körperschaften des
Landes: die Bischöfe von Straßburg und Metz, die Präsidenten
der Augsburgischen und der reformierten Kirche und des Ober-
landesgerichtes Colmar, je ein Vertreter der Universität
Straßburg, der Städte Straßburg, Metz, Colmar und Mül-
hausen und ihrer Handelskammern, sowie der israelitischen
Konsistorien, endlich je 2 Vertreter der Landwirtschaft und der
Handwerkskammer zu Straßburg.
Die Zweite Kammer wird aus 60 Abgeordneten gebildet,
welche — wie der Reichstag — in allgemeiner direkter Wahl
mit geheimer Abstimmung auf 5 Jahre gewählt werden.
Das elsaß-lothringische Wahlgesetz ist dem Reichswahlgesetze
Schubart, Berfassung 26. Auflage. 8