118 VI. Die Preußische Verfassung.
zu leiten“ (s. Anhang S. 33). Die Ernennung und Entlassung
der Minister nach eigener freier Entschließung ist daher ein
Vorrecht („Prärogative“) der Krone. So hat in Preußen das
Staatsleben eine eigenartige Entwickelung genommen, bei welcher
sich dieser Staat aller Vorzüge einer Volksvertretung („Repräsen-
tativsystem") erfreut, ohne darum auf die Segnungen eines
kraftvollen königlichen Regiments verzichten zu müssen. Dieses
echt königliche und dabei streng verfassungsmäßige Regiment
und der vorzügliche Zustand der Finanzen (S. 131) sind die
Hauptwurzeln von Preußens Kraft.
Möge die in Aussicht stehende umwälzende Übertragung
des gleichen Wahlrechtes auf Preußen (S. 16) hierin keinen
tiefcingreifenden, für seine weitere Entwickelung verhängnis-
vollen Wandel schaffen: wir stehen damit am Beginne eines
neuen Zeitalters in Preußen (s. Nachtrag S. 223).
1. Bom Staatsgebiete.
(Artikel 1 und 2.)
Der Preußische Staat ist 348780 qkm groß, umfaßt
also fast 8 des gesamten Deutschen Reiches und hat nach
der Volkszählung von 1910 40 165 219 Einwohner (gegen
24,6 Millionen im Jahre 1871). Er zerfällt in 12 Provinzen,
34 Regierungsbezirke sowie den Bezirk der Hohenzollernschen
Lande (Regierungsbezirk Sigmaringen).
I. Die alten Provinzen sind:
1. Ostpreußen (36 993 qkm, 2 064 175 Einwohner):
Hauptstadt: Königsberg. Regierungsbezirke: Königsberg,
Gumbinnen und Allenstein (seit 1. Oktober 1905). Ober-
landesgericht: Königsberg. Provinzialfarben: Schwarz-Weiß.
2. Westpreußen (25 534 qkm, 1 703 474 Einwohner):
Hptst.: Danzig. Regbez.: Danzig und Marienwerder.
O.-L.-G.: Marienwerder. P.-F.: Schwarz-Weiß-Schwarz.
Die frühere Prov inz Preußen ist seit dem 1. April
1878 in diese beiden Provinzen geteilt.