134 VI. Die Preußische Verfassung.
Die Verhaftung eines Menschen darf nur kraft eines
schriftlichen Befehles des Richters erfolgen, der den Beschul-
digten und die Beschuldigung genau bezeichnet. Freilich können
auch die Polizeibehörden eine vorläufige Festnahme be-
wirken, wenn sie einen Einbrecher auf frischer Tat ergriffen
haben oder wenn jemand einer strafbaren Handlung und zu-
gleich der Flucht dringend verdächtig ist. Der von der Polizei-
behörde Festgenommene muß aber spätestens am folgenden
Tage freigelassen oder vor seinen ordentlichen Richter gestellt
werden. Übrigens darf auch ein Privatmann einen Ver-
brecher, den er auf frischer Tat ertappt und der fliehen
will, gefangen nehmen; der Gefangene muß aber sofort der
Polizei zugeführt werden.
3. Die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 6).
Das Hausrecht muß gewahrt bleiben; jedes Eindringen in die
Wohnung, von wem es sei oder zu welchem Zwecke es sei, ist
zur Nachtzeit (mit Ausnahme ganz vereinzelter Fälle, s. S. 199)
unbedingt verboten. Am Tage darf das Betreten einer fremden
Wohnung und eine Haussuchung nur in amtlicher Eigen-
schaft und auf Grund eines amtlichen Befehles erfolgen. Nach
dem Strafgesetzbuche für das Deutsche Reich wird das vor-
sätzlich rechtswidrige Eindringen in die Wohnung seitens eines
Beamten mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit einer
Geldstrafe bis zu 900 Mark geahndet.
4. Die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses
(Art. 33). Die der Post anvertrauten, verschlossenen Briefe
sowie alle sonstigen verschlossenen Urkunden dürfen nicht unbe-
fugter Weise geöffnet werden. Auch geöffnete Briefe und
Papiere, welche im Besitze einer Privatperson sind, dürfen nur
bei strafgerichtlichen Untersuchungen und im Hriegsfalle mit
Beschlag belegt werden (Art. 6).
5. Die Unverletzlichkeit des Eigentums (Art. 9).
So wie jeder Staatsbürger das Recht hat, Eigentum und