10 1. Geschichte der Verfafsung des Deutschen Reiches.
das engere Bundesverhältnis anzuerkennen, das Preußen mit
den Staaten nördlich vom Main begründen würde, und war
auch damit einderstanden, daß die südlich vom Main gelegenen
Staaten mit dem Norddeutschen Bunde in eine engere nationale
Verbindung traten; es gab endlich seine Ansprüche auf Schles-
wig-Holstein zugunsten Preußens auf.
So war der alte Widerstreit zwischen Preußen und
Osterreich, welcher so lange Zeit für Deutschland verderblich
gewesen war, beseitigt und für Deutschlands Neugestaltung ein
sicherer Boden gewonnen.
An die Stelle des bisherigen Deutschen Bundes trat
nun zunächst der neu errichtete Norddeutsche Bund.
Sein innerer Ausbau war die nächste Aufgabe; hierzu
wurden die sämtlichen Bevollmächtigten der nördlich vom
Main gelegenen Staaten nach Berlin berufen und ihnen der
Entwurf einer „Verfassung für den Norddeutschen
Bund“ vorgelegt. Der Entwurf ging sodann an den kon-
stituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes,
welcher aus allgemeinen Wahlen innerhalb des ganzen Bundes-
gebietes hervorgegangen war, und wurde mit geringen
Anderungen angenommen. Die so vereinbarte Verfassung
des Norddeutschen Bundes schuf unter den ihm zugehörigen
Staaten eine ganz anders lebensvolle und festgefügte Einigung,
als sie der frühere Deutsche Bund gewährt hatte; sie begründete
einen der gewaltigsten Fortschritte im nationalen Leben der
Deutschen, wie sie ihn vor dem Jahre 1866 kaum zu erhoffen
gewagt hatten.
Noch aber fehlte eins zur Vollendung des Baues: die
Vereinigung mit den südlich des Mains gelegenen deutschen
Staaten: Bayern, Württemberg, Baden und dem südlichen
Teile von Hessen (der nördlich vom Main gelegene Teil Hessens
gehörte bereits zum Norddeutschen Bunde). Der Artikel 79
der Verfassung des Norddeutschen Bundes baute zwar hier eine