172 VII. Die Verwaltung des Preußischen Staates.
disziplin usw.) ist für die 9 älteren Provinzen der Monarchie
der Evangelische Oberkirchenrat. Der Oberkirchenrat,
durch Erlaß vom 29. Juni 1850 von König Friedrich Wil-
helm IV. ins Leben gerufen, besteht aus einem Präsidenten
und Mitgliedern, welche allein vom Könige, als dem obersten
Bischof der evangelischen Kirche, ernannt werden und daher
auch nur diesem verantwortlich sind. Unter diesem stehen
die Konsistorien (je eines in der Provinz mit dem Sitze in
der Provinzialhauptstadt) als rein kirchliche Oberbehörden;
ihres Amtes ist namentlich die Aufsicht über den Gottesdienst
und die Prüfung und Einsetzung (Ordination) der Kandidaten
der Theologie sowie die Beaufsichtigung der Geistlichen. Ihnen
sind die Generalsuperintendenten (von denen einige früher
den Titel „Bischof“ führten) beigeordnet und die Superinten-
denten untergeordnet. Die letzteren (Pröpste in Schleswig-
Holstein, Dekane im Regierungsbezirk Wiesbaden genannt)
sind die Vorsteher der Kirchenkreise oder Kreissynoden, in
welche die Regierungsbezirke behufs der kirchlichen Verwaltung
eingeteilt find. Im Regierungsbezirke Kassel führen unter den
Superintendenten die Metropolitane die Aufsicht über je eine
kleinere Anzahl von Gemeinden (die sog. Klassen).
Auf die 1866 neuerworbenen Landesteile erstreckt sich die
Zuständigkeit des Evangelischen Oberkirchenrates nicht; für
diese führt vielmehr der Kultusminister die staatliche Verwaltung
der geistlichen Angelegenheiten der evangelischen Landeskirchen.
Neben diesem kirchlichen Beamtentum ist auch dem
Laienelemente eine belangreiche Beteiligung an der Ver-
waltung der evangelischen kirchlichen Angelegenheiten eingeräumt
worden; es ist dies durch die evangelische Kirchengemeinde-
und Synodalordnung vom 10. September 1873 und die
Generalsynodalordnung vom 20. Januar 1876 erfolgt.
Hierbei ist der Grundsatz der Selbstverwaltung auch auf
kirchlichem Gebiete zum Durchbruch gelangt. Was die Kirchen-