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6. Das Ministerium der Justiz.
Dem Justizministerium steht die Oberaufsicht zu über die
gesamte Zivil= und Strafrechtspflege, die Anstellung
und Ernennung aller richterlichen Beamten und Notare, so-
weit die Besetzung der höchsten Stellen nicht direkt vom Könige
erfolgt, sowie die Vorbereitung der in das Gebiet der Rechts-
pflege einschlagenden Gesetzentwürfe. Die Justiz wird in Preußen,
wie überall, nur zum kleineren Teil durch ihre eigenen Ein-
nahmen an Gebühren erhalten, so daß die Mehrausgaben
aus den allgemeinen Staatseinnahmen gedeckt werden müssen.
Der Mehrbetrag der dauernden Ausgaben beträgt z. Z.
115,3 Millionen J (s. S. 149).
Wie wir bereits gesehen haben, ist seit dem 1. Oktober 1879
für ganz Deutschland die Einheit in der äußeren Organi-
sation der Gerichte und die Gemeinsamkeit des Straf-
und Zivilverfahrens zur Durchführung gelangt (s. S. 37).
Das Reichsgesetz über die Gerichtsverfassung vom
27. Januar 1877 (RGl. S. 41) teilt die Gerichte in
a) Amtsgerichte;
b) Landgerichte, deren Bezirk in der Regel 10 bis 12 Amts-
gerichte umfaßt;
c) Oberlandesgerichte; in Preußen besteht der Regel
nach in jeder Provinz eines, je zwei nur in Hessen-Nassau
(Frankfurt a. M. und Kassel) und in der Rheinprovinz
(Köln und Düsseldorf). Die einzelnen Oberlandesgerichte
s. S. 118/119. Dem Oberlandesgericht Berlin verblieb
seine altehrwürdige Bezeichnung als Kammergericht.
d) das Reichsgericht zu Leipzig.
I. Zuständigkeit und Zusammensetzung der Gerichte.
Die Zuständigkeit der Gerichte für die bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten und für die Strassachen ist die folgende: