184 VII. Die Verwaltung des Preußischen Staates.
Alle Gerichte haben in der Zeit vom 15. Juli bis
15. September Gerichtsferien. Während der Ferien werden
nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen
erlassen. Gesetzliche Feriensachen sind u. a. alle Strafsachen
unnd schleunige Zivilsachen wie Wechselklagen, Beschlagnahmen und
Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern.
II. Das gerichtliche Verfahren.
Das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Streitsachen
ist durch die Reichszivilprozeßordnung und das gericht-
liche Verfahren in Strafsachen durch die Reichsstrafprozeß-
ordnung für das ganze Deutsche Reich einheitlich geordnet.
Jedes gerichtliche Verfahren, sowohl in Zivil= wie in Straf-
sachen, entspringt aus der Verpflichtung des Staates, seinen
Angehörigen den erforderlichen Rechtsschutz zu gewähren und
eine Rechtsverletzung zu verhüten. Zwischen beiden Verfahren
besteht aber der Unterschied, daß vor den Zivilrichter nur
diejenigen nicht streitigen Angelegenheiten und streitigen Fälle
gehören, welche zwischen Privatpersonen zu regeln und zu
entscheiden sind; mit anderen Worten: der Zivilrichter tritt
ein, wenn ein Privatrecht zu ordnen oder verletzt ist. Der
Strafrichter dagegen hat einzuschreiten, sofern die öffent-
liche Rechtsordnung und dadurch der Staat selbst verletzt
ist. Der Staat wird also im Strafverfahren gewissermaßen
selbst zur Partei, die dem Verbrecher gegenüber ihren Anwalt
braucht. Dies ist der Staatsanwalt, der Hüter des Gesetzes,
der als öffentlicher Ankläger die Beweise sammelt, die Anklage
erhebt und überhaupt die Erhaltung der öffentlichen Rechts-
ordnung überwacht.
A. Strafverfahren.
Die Grundzüge des deutschen Strafverfahrens sind
im wesentlichen bereits stets in Preußen in Geltung gewesen.
Hiernach erhebt oder veraulaßt die Staatsanwaltschaft die er-