6. Das Juftizministerium. 191
in sein Amt einsetzen und hat daher nur über die Gewührung
der Pension und deren Höhe zu besinden.
Bei dieser verwickelten Sachlage geschieht es häufig, daß
Zweifel und Streit (ein „Konflikt“) über die Zuständigkeit
(„Kompetenz“) und über die Grenzen der Befugnisse der
Verwaltungsbehörden und der Gerichte entstehen. Ist in solchem
zweifelhaften Falle der Prozeß bereils vor dem ordentlichen
Gerichte eingeleitet und beansprucht nunmehr nachträglich die Ver-
waltung ihrerseits das Recht, die Entscheidung zu treffen, so
liegt ein „Kompetenzkonflikt“" vor, über welchen nach der
Verordnung vom 1. August 1879 (GS. S. 573) ein besonderer
Gerichtshof in Berlin entscheidet; er besteht aus elf Mitgliedern
von denen sechs dem Kammergericht angehören müssen.
III. Der Richterstand.
Eine unerläßliche Voraussetzung für eine tüchtige Rechts-
pflege ist ein gebildeter und unabhängiger Richterstand.
„Die richterliche Gewalt wird durch unabhängige, nur dem
Gesetze unterworfene Richter ausgeübt“, mit diesen Worten be-
ginnt demgemäß das Gerichtsverfassungsgesetz für das Deutsche
Reich. Durch die Reichsjustizgesetze sind die Voraussetzungen
der Fähigkeit zum Richteramt für ganz Deutschland gleich-
mäßig festgestellt (S. 38). Die Fähigkeit wird erlangt durch
ein mindestens dreijähriges Studium der Rechtswissenschaft
auf einer Universität, welches mit Rücksicht auf das Bürgerliche
Gesetzbuch durch die Studienordnung vom 18. Januar 1897
neu geregelt worden ist, und sodann die Ablegung zweier
Prüfungen, zwischen denen ein der praktischen Vorbildung
gewidmeter Zeitraum von mindestens drei Jahren liegen mus.
In Preußen dauert die Referendariatszeit vier Jahre.
Dabei ist jeder, der die Fähigkeit zum Richteramte in einem
Bundesstaate erlangt hat, zu jedem Richteramte innerhalb
des Deutschen Reiches befähigt. Die Nichter werden auf
13°