Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

7. Das Ministerium des Innern. 209 
Beschlußverfahren nur nach dem Ermessen der Behörde „zur Auf- 
klärung des Sachverhaltes“. 
Welche Verwaltungsbehörden, Verwaltungsgerichte und 
Rechtsmittel hiernach für die einzelnen Verwaltungssachen 
eintreten, ist durch das umfangreiche, verwickelte und der Ver- 
einfachung dringend bedürftige Zustän digkeitsgesetz (s.S. 193), 
auch Kompetenzgesetz genannt, sowie durch das Landesver- 
waltungsgesetz (s. S. 193) näher bestimmt worden. In jedem 
Falle sind es ausschließlich Verwaltungssachen, Streitfälle 
des öffentlichen Rechtes, in denen das durch die Verwaltung 
wahrzunehmende öffentliche Wohl mit dem Rechte sowie dem Wohl 
und Vorteil des einzelnen in Streit gerät (s. S. 191).— 
In der Provinz Posen sind die Kreis= und die Provinzial- 
ordnung nicht eingeführt, vielmehr beruht die Zusammen- 
setzung der Kreis= und Provinziallandtage noch, wie früher all- 
gemein, auf ständischer Grundlage. Einem Stande kann nur 
zugehören, wer Grundeigentum besitzt; es bestehen drei Stände: 
1. die Rittergutsbesitzer, 2. die Städte, 3. die 
Landgemeinden, soweit Bauern oder Erbpächter mit selbst- 
bewirtschafteten Grundstücken in Betracht kommen. 
Aus diesen drei Ständen werden die Kreistage zusammen- 
gesetzt, wobei die Rittergutsbesitzer Virilstimmen (Vollstimme 
jedes Einzelnen) haben, während die Städte und Land- 
gemeinden Abgeordnete entsenden. Dabei bilden in der Regel 
die (überwiegend deutschen) Großgrundbesitzer die Mehrheit. 
Die Kreisstände wählen auch die Mitglieder zum Provinzial- 
landtage (S. 205). Um nicht die deutschen Stimmen durch 
Gutsankäufe des Staates zu vermindern, besteht auch für 
seinen Grundbesitz in der Provinz seit 1904 eine Vertretung 
in den Kreistagen und bei den Wahlen zum Provinzial- 
landtage. Für die Mitglieder der Kreisausschüsse ist die Er- 
nennung durch den Oberpräsidenten auf Vorschlag des Kreis- 
tages, für die Provinzialausschüsse die ministerielle Bestätigung
	        
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