II. Verfassung des Deutschen Reiches. 17
II. Die Derfassung des Deutschen Reiches
vom 16. April 1871 (RGBL. S. 63).
Die Verfassung des Deutschen Reiches ist, wie wir ge-
sehen haben, ihrer geschichtlichen Entwickelung nach ein völker-
rechtlicher Vertrag, welcher zwischen den einzelnen verbündeten
deutschen Staaten geschlossen und von den Vertretern des
deutschen Volkes genehmigt ist. Daher besagen die Eingangs-
worte der Verfassungsurkunde, daß die deutschen Staaten
„einen ewigen Bund“ schließen. Es kann also kein Staat
aus dem Bunde beliebig austreten. Als die Zwecke dieses
Bundes werden „der Schutz des Bundesgebietes und des
innerhalb desselben gültigen Rechtes sowie die Pflege der
Wohlfahrt des deutschen Volkes“ bezeichnet. Das Deutsche
Reich bildet einen Bundesstaat (s. S. 4), dessen einzelne
Staaten nur insoweit ihre volle Selbständigkeit bewahrt haben,
als diese nicht zu Gunsten der Reichsgewalt eingeschränkt ist.
Dabei ist, wie dies nach den Ereignissen des Jahres 1866
nicht anders sein konnte, das in der Staatsmacht Preußens
tatsächlich vorhandene Übergewicht auch staatsrechtlich in der Ver-
fassung zur Anerkennung gebracht. (Vgl. besonders S. 48 f. u. 52.)
Andererseits sind einzelnen Staaten, namentlich den süd-
deutschen, der geschichtlichen Entwickelung und den Bedingungen
ihres Beitritts entsprechend, in der Verfassung Sonderrechte
zugestanden worden, welche auf verschiedenen Gebieten die
Einheitlichkeit der deutschen Einrichtungen ausschließen. Ein-
zelnes ist später aufgehoben worden; fortbestehen besonders nach-
stehende Abweichungen:
1. Die Postverwaltung verblieb in Bayern und Württem-
berg als Sonderanstalt dieser Staaten mit eigenen Post-