Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

                               2. Reichsgesetzgebung.                 25 
ein durch Entlassung oder durch Erwerb einer ausländischen 
Staatsangehörigkeit — für eine Deutsche auch durch eine Ehe 
mit einem Ausländer — sowie durch Nichterfüllung der 
Wehrpflicht (Fahnenflucht). Entfallen im neuen Gesetze ist die 
Bestimmung, daß ein zehnjähriger ununterbrochener Aufenthalt 
im Auslande die deutsche Staatsangehörigkeit verwirkt. Hier- 
nach ist den Angehörigen des Deutschen Reiches jederzeit 
im Frieden die Auswanderung nach einem außerdeutschen 
Staate gestattet. Ausgenommen sind die Wehrpflichtigen im 
Alter vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 25. Lebens- 
jahre. Wer die Wehrpflicht verletzt, indem er ohne Erlaubnis 
das Deutsche Reich verläßt, während er noch dienstpflichtig ist, 
hat eine Geldstrafe von 150 bis 3000 M oder Gefängnis von 
einem Monat bis zu einem Jahre zu gewärtigen. (StrGB. § 140.) 
Andererseits ist den Auslandsdeutschen die Wahl des 
Zeitpunktes für Erfüllung ihrer Wehrpflicht tunlichst erleichtert 
worden; entziehen sie sich ihr jedoch bis zum 32. Lebensjahre, 
so verlieren sie ihre Staatsangehörigkeit. 
         Zum Nutzen der Auswanderer trifft das Gesetz über das 
Auswanderungswesen vom 9. Juni 1879 sehr scharfe Be- 
stimmungen bezüglich der Auswanderungs-Unternehmer; ihr Ge- 
schäftsbetrieb unterliegt staatlicher Beaufsichtigung.
 
                             B. Reichsgesetzgebung.  
       Früher gingen die Landesgesetze den Reichsgesetzen 
vor (s. S. 5), ja die Gesetze des alten Deutschen Bundes er- 
langten in den einzelnen Bundesstaaten überhaupt nur dann 
rechtsverbindliche Kraft, wenn die einzelnen Regierungen sie 
auf verfassungsmäßigem Wege besonders verkündigt hatten. 
Auch hier hat das Deutsche Reich eine grundsätzliche 
Anderung herbeigeführt, indem die Verfassung im Artikel 2 
bestimmt, daß die Reichsgesetze den Landesgesetzen vor- 
gehen. Die Einzelstaaten haben die Reichsgesetze weder be-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.