Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

26                       II. Verfassung des Deutschen Reiches. 
sonders zu verkündigen, noch steht ihnen das Recht der Ge- 
nehmigung oder gar des Widerspruches zu; die Reichsgesetze 
machen im Gegenteil ohne weiteres alle entgegenstehenden Ge- 
setze der Einzelstaaten hinfällig. 
         Ihre eigentliche, tief einschneidende Bedeutung erhält die 
gemeinsame Gesetzgebung dadurch, daß ihr eine Fülle der wich- 
tigsten Rechtsgebiete überwiesen ist. Während im alten Deutschen 
Bunde von 1815 bis 1866 von allgemeinen deutschen Gesetzen 
nur die Allgemeine Deutsche Wechselordnung von 1849 
und das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch von 
1861 erlassen worden sind und im übrigen Rechtsverwirrung 
und heillose Buntheit in der Gesetzgebung herrschten, ist im 
Deutschen Reiche die deutsche Rechtseinheit auf allen wesent- 
lichen Rechtsgebieten zur Tat geworden. 
         Für die Vorbereitung von Reichsgesetzen sowie für die 
Bearbeitung der sämtlichen in das Gebiet der Rechtspflege 
einschlagenden Angelegenheiten des Reiches besteht in dem 
Reichs-Justizamte zu Berlin eine besondere Reichsbehörde. 
Die Verkündigung (Publikation) der Reichsgesetze erfolgt 
durch das „Reichsgesetzblatt“ (früher „Bundezsgesetzblatt 
des Norddeutschen Bundes“ benannt); in Kraft treten die Reichs- 
gesetze gemäß Artikel 2 der Reichsverfassung, sofern nicht im 
Gesetze selbst ein bestimmter Anfangstermin vorgesehen ist, mit dem 
14.Tage nach Ausgabe des ezüglichen Reichsgesetzblattes in Berlin. 
          Die Zuständigkeit des Reiches erstreckt sich auf die Be- 
aufsichtigung und Gesetzgebung bezüglich der im Artikel 4 
der Reichsverfassung unter 1 bis 16 aufgeführten Angelegenheiten; 
darunter fallen insbesondere: 
 1. die Bestimmungen über Freizügigkeit, Heimats= und 
Niederlassungsverhältnisse, Staatsbürgerrecht, 
Paßwesen und Fremdenpolizei und über den Ge- 
werbebetrieb einschließlich des Versicherungswesens,
	        
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