38 II. Verfassung des Deutschen Reiches.
e) die Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877,
d) die Konkursordnung vom 10. Februar 1877,
e) die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878,
f) das Gerichtskostengesetz vom 18. Juni 1878.
Die Gesetze zu a, b, d und f sind inzwischen im Gesetz vom
17. Mai 1898 neu gefaßt und im RGBl. a S. 371, b S. 410,
d S. 612, f S. 659 veröffentlicht; mehrfache Abänderungen
namentlich zu a und b sind 1905 (RGBl. S. 533 u. 536)
und 1909 (RGBl. S. 475) erfolgt.
Der vielhundertjährige Zeitraum deutscher Rechtszerrissen-
heit auf prozessualem Gebiete — bestanden doch allein in
Preußen für den Zivilprozeß dreierlei völlig verschiedene Ver-
fahren — erreichte damit glücklich ein Ende. Für ganz Deutsch-
land sind die Voraussetzungen der Fähigkeit zum Richteramt,
die Zusammensetzung der Gerichte und die Gerichtszuständigkeit
für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten einheitlich geregelt;
die Freiheit der Advokatur läßt jeden, der die Fähigkeit
zum Richteramte erlangt hat, bei jedem Gerichte nach seiner
Wahl Rechtsanwalt werden. (Den Gegensatz bildet der numerus
clausus, die Beschränkung der freien Advokatur durch Festlegung
der Höchstziffer zur Vermeidung einer Überfüllung und zur Er-
haltung der moralischen Höhe der Anwaltschaft.)
Während früher im wesentlichen nur für Handelssachen ein
gemeinsamer oberster Gerichtshof, das Reichsoberhandels-
gericht, bestand, ist durch dessen Ausgestaltung zum Reichs-
gericht mit dem Sitze in Leipzig seit dem 1. Oktober 1879
eine höchste gemeinsame Rechtsstelle für alle Zirilstreitsachen
und für die Strafsachen aus Reichsgesetzen geschaffen worden.
Damit ist eine einheitliche Auslegung des gemeinsamen Rechtes
gesichert. (Siehe auch Abschnitt C unter Justizministerium VII. ö.).
4. Die staatliche Fürsorge für die wirtschaftlich Schwachen
zumal der arbeitenden Klassen bildet Ziel und Zweck der
tiefeinschneidenden sozialpolitischen Gesetzgebung. Die