46 II. Verfassung des Deutschen Reiches.
ansteckenden gemeingefährlichen Krankheiten — Cholera, Pest,
Pocken, Aussatz usw. — regelt und hierbei eine Anzeigepflicht
vorschreibt.
In dem Reichsgesundheitsamte in Berlin, 1876 er.
richtet, und in dem ihm seit 1900 beigeordneten Reichsgesund,
heitsrate besitzt das Reich Organe, welche eine gesetzliche
Ordnung der öffentlichen Gesundheitspflege im ganzen Deutschen
Reiche vorbereiten. Insbesondere tritt das Amt auch der
Verfälschung von Nahrungs= und Genußmitteln ent-
gegen; das Gesetz vom 14. Mai 1879 (Rol. S. 145) führt
hierbei eine scharfe, einheitliche und allgemeine Überwachung
ein und sucht durch Gefängnis= und hohe Geldstrafen gegen
Täuschungen zu sichern. Gleichen Zwecken dienen die Gesetze
über den Verkehr mit Butter, Käse, Schmalz und deren
Ersatzmittel vom 15. Juni 1897 (wobei getrennte Verkaufs-
räume für die Natur= und die Kunstprodukte angeordnet sind;
auch sollen Kunstprodukte (Margarinel) durch Bezeichnung und
Verpackung besonders kenntlich gemacht werden] sowie über die
Schlachtvieh= und Fleischbeschau vom 3. Juni 1900
(Rel. S. 547), das Süßstoffgesetz vom 7. Juli 1902
(Re#l. S. 253) (Sacharinverbot!] und das Weingesetz vom
7. Juli 1909 (NGBl. S. 393).
G. Die Presse und das Vereinswesen.
1. Die Bestimmungen über die Presse sind durch das
Reichsgesetz vom 7. Mai 1874 (RG#Bt. S. 65) einheitlich für
ganz Deutschland geregelt. Auf diesem Gebicte hatte der
frühere Deutsche Bund durch Einführung einer tief einschnei-
denden Zensur jede freiere Regung der Geister zu bannen
gesucht. Die Zensur liegt vor, wenn eine Veröffentlichung
durch die Presse der vorgängigen Prüfung und Erlaubnis der
Staatsbehörden bedarf. Auch die Preßgesetze der einzelnen
deutschen Staaten behielten eingreifende Beschränkungen der