3. Die Zentralorgane der Reichsgewalt. (Reichspräsidium, 49
Dem Kaiser liegt die völkerrechtliche Vertretung des Reiches
den außerdeutschen Staaten gegenüber ob. Der Kaiser hat
demgemäß im Namen des Reiches
1. Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen (Artikel 11); seit
1871 gibt es also bei den außerdeutschen Staaten Gesandte
und Botschafter des „Deutschen Reiches“, früher gab es nur
Gesandte Preußens, Bayernsusw. Das Recht jedes deutschen
Staates, auch seinerseits Gesandte bei und von außerdeutschen
Staaten zu beglaubigen und zu empfangen, ist damit nicht
entfallen; auch Preußen hat noch eigene Gesandtschaften,
besonders bei den meisten deutschen Staaten und bei dem
Päpstlichen Stuhl;
2. Verträge und Bündnisse mit fremden Staaten einzugehen;
sie bedürfen jedoch in der Regel der Zustimmung des
Bundesrates und der Genehmigung des Reichstages;
3. Krieg zu erklären und Frieden zu schließen; es ist jedoch
zur Erklärung des Krieges die Zustimmung des Bundes-
rates erforderlich, „es sei denn, daß ein Angriff auf
das Bundesgebiet und dessen Küsten erfolgt“ (Art. 11)
— wenn es sich also um einen Abwehr= („Defensiv“-)
und nicht um einen Angriffs= („Offensiv“) krieg handelt.
Der Kaiser hat ferner in den deutschen überseeischen
Schutzgebieten im Namen des Reiches die Schutzgewalt aus-
zuüben (s. S. 21). Der Kaiser ist der Bundesfeldherr
über die gesamte Landmacht des Reiches und der Ober-
befehlshaber der Reichs-Kriegsmarine (Art. 63 Absatz 1 und
Art. 53). Der Kaiser ernennt und entläßt die Reichs-
beamten (Art. 18 Absatz 1); er beruft, eröffnet, vertagt und
schließt den Bundesrat und den Reichstag (Art. 12). Die
Auflösung des Reichstages innerhalb seiner fünfjährigen Legis-
laturperiode bedarf eines Beschlusses des Bundesrates unter
zustimmung des Kaisers (Art. 24).