50 u. Verfaffung des Deutschen Reiches.
Auf dem Gebiete der Gesetzgebung ist der Kaiser nur
der Vollzieher der übereinstimmenden Beschlüsse des Bundez.-
rates und des Reichstages; er verkündigt (publiziert) die Reichs-
gesetze und überwacht deren Ausführung (Art. 17). Dagegen
hat der Kaiser kein Widerspruchsrecht, sobald ein Reichsgesetz
vom Bundesrat und Reichstag gemeinschaftlich genehmigt ist;
denn für die Gültigkeit der Reichsgesetze ist die Übereinstim-
mung beider Versammlungen „erforderlich und ausreichend"
(Art. 5 Abs. 1). Die Verfassung des Reiches unterscheidet sich
hierin von der preußischen (Art. 62), nach welcher der König
von Preußen den von den beiden Kammern beschlossenen Gesehen
die Genehmigung („Sanktion") verweigern kann.
Der Kaiser hat endlich das Recht und die Pflicht, die
vom Bundesrat beschlossene „Exekution gegen Bundesmit-
glieder", welche ihren verfassungsmäßigen Bundespflichten
nicht nachkommen, zu vollstrecken (Art. 19). Eine derartige
Androhung von Zwangsmitteln durch die Verfassung erscheint
geboten, um die Macht der Reichsgewalt gegenüber den ein-
zelnen Bundesstaaten zu sichern. Gegen Preußen ist solche Reichs-
maßnahme unmöglich, da diese nur der Kaiser vollstrecken kann.
Zu der Zivilliste des Königs von Preußen leistet das
Reich trotz des durch Übernahme der Koaiserwürde wesentlich
erhöhten Aufwandes keinen Zuschuß (s. S. 121).
B. Der Bundesrat (Artikel 6—10).
Der Bundesrat ist das Organ der Verbündeten Regie-
rungen; in ihm haben die Vertreter der 25 zum Deut-
schen Reiche vereinigten Staaten sowie Elsaß-Lothringen Sitz
und Stimme. — Bei Begründung des Deutschen Reiches haben
die einzelnen deutschen Staaten zu Gunsten der Reichsgewalt
zur Mehrung seiner Einheit und Machtentfaltung auf nicht
unerhebliche Teile ihrer Hoheitsrechte verzichten müssen; um
hierfür den deutschen Staaten einen Ersatz durch die Teilnahme