Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

8.        Die Zentralorgane der Reichsgewalt. Reichstag.) 59 
folgen hat. Auch ist die Zustimmung des Reichstages nach Art. 26 
zu einer Vertagung, welche länger als 30 Tage dauern soll, er- 
forderlich; die Vertagung hat im Gegensatz zum Schluß der 
Tagung („Session“) und der späteren Eröffnung einer neuen 
die Wirkung, daß die Arbeiten an dem Punkte ihrer Unter- 
brechung weitergeführt werden können. 
         Beamte bedürfen keines Urlaubs zum Eintritt sowohl in 
den Deutschen Reichstag wie in das Preußische Abgeordneten- 
haus (Art. 21 Reichs-Verf.; Art. 78 Preuß. Verf.). Diese 
Bestimmung soll eine Sicherheit dagegen schaffen, daß eine 
parteiische Regierung den Beamten, welche ihr günstig sind, 
den Urlaub erteilt, während sie Beamten, welche gegen sie 
stimmen könnten, den Urlaub verweigert.
 
                     Die Rechte des Reichstages sind: 
           1. Die Mitwirkung bei der Gesetzgebung des Reiches. 
Der Reichstag und der Bundesrat sind die beiden gesetz- 
gebenden Gewalten, ohne deren Übereinstimmung kein Gesetz 
zur Annahme (Verabschiedung) gelangt. Dabei hat der Reichs- 
tag ebenso wie der Bundesrat das Recht, Gesetzesvorschläge aus 
sich heraus zu machen (die sog. gesetzgeberische Initiative). 
            2. Die Mitwirkung bei der Finanzverwaltung des 
Reiches; der jährlich aufzustellende Reichshaushalt (s. S. 92) 
unterliegt der Genehmigung des Reichstages. Ebenso bedarf die 
Aufnahme von Reichsanleihen oder die Ubernahme von Bürg- 
schaften zu Lasten des Reiches seiner Zustimmung; überhaupt 
steht ihm die Beaufsichtigung des Reichsschuldenwesens zu. 
           3. In den äußeren Angelegenheiten wirkt der Reichs- 
tag insofern mit, als seiner Zustimmung Verträge mit fremden 
Staaten bedürfen, welche sich auf Gegenstände beziehen, die der 
Neichsgesetzgebung unterstehen. Es unterliegen daher insbesondere 
alle Handelsverträge seiner Genehmigung, weil das Zoll= und 
Handelzwesen zur Zuständigkeit des Reiches gehört (s. S. 61).
	        
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