Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

70 II. Verfassung des Deutschen Reiches. 
Anteil. Die Besteuerung des Bieres im Brausteuergebiete 
erfolgt als Materialsteuer (Brausteuer), indem das Malz— 
d. h. alles künstlich zum Keimen gebrachte Getreide — und 
der Zucker als Rohstoffe nach Gewicht der Besteuerung zu- 
grunde gelegt werden. Bei den Finanzreformen von 1906 
und 1909 (s. S. 95) ist zur Erzielung höherer Erträge die vom 
verwendeten Malze erhobene Steuer steigend ausgestaltet und 
zunächst auf 4 bis 10 — und seit 1909 auf 14 bis 20 + 
für je 100 kg des Gesamtgewichtes der verwendeten Braustoffe 
bemessen worden. Damit sind die Selbstkosten für das Hekto- 
liter fertigen Bieres um 2 bis 2 ½ = erhöht und ist im 
Gesetz deshalb das Recht der Brauer ausdrücklich anerkannt, die 
Steuererhöhung auf Handel und Ausschank abwälzen zu dürfen. 
III. Die Besteuerung des Branntweins war in Bayern, 
Württemberg und Baden, wie beim Biere, bis 1887 gleichfalls 
der Landesgesetzgebung vorbehalten (s. S. 18). Nach der einheit- 
lichen reichsgesetzlichen Regelung der Branntweinbesteuerung von 
1909 zerfällt die Branntweinsteuer in eine Verbrauchsabgabe und 
eine Betriebsauflage. Die Maischbottichsteuer, nach dem 
Rauminhalte der Maischbottiche, und die Materialsteuer, 
vom Rohmaterial berechnet, sind in Fortfall gekommen. 
Die Verbrauchsabgabe wird für das Liter reinen 
Alkohols berechnet und ist 1909 von 70 auf 125 Pf. erhöht 
worden. Es ist jedoch für einen Teil der Gesamterzeugung 
die Steuer um 20 Pf. ermäßigt. Diesen Teil — das Kon- 
tingent genannt — berechnet die Steuerbehörde nach der 
Bevölkerungsziffer im voraus und verteilt das Gesamt- 
kontingent auf die einzelnen Fabriken. Eine Fabrik hat 
100 000 Liter Kontingent, heißt also, sie darf 100 000 Liter 
Spiritus mit 105 statt mit 125 Pf. versteuern (die sogen. 
Liebesgabe der Brenner), und es kommen erst für die über- 
steigende Menge 125 Pf. zur Erhebung. Das Kontingent ist 
seit 1. Oktober 1912 außer für Bayern, Württemberg und
	        
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