92 tI. Verfafsung des Deutschen Reiches.
4. das Gesetz betreffend die Fürsorge für die Witwen und
Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiser-
lichen Marine vom 17. Juni 1887 (RBl. S. 237);
5. die Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember
1898 (RGBl. S. 1189), seit 1. Oktober 1900 in Krast;
sie führt anstatt des geheimen schriftlichen ein öffentliches
mündliches Verfahren ein, gestattet dem Angeklagten unter ge-
wissen Beschränkungen die Wahl eines Zivil-Vertei-
digers und beschränkt die Militärgerichtsbarkeit über Re-
servisten im wesentlichen auf die Zeit unter der Fahne.
Das Reichsmilitärgericht in Berlin hat einen be-
sonderen Senat für das bayerische Heer. Das Gesetz
bringt eine Fortbildung im Sinne des modernen Rechts-
bewußtseins unter Wahrung der Erfordernisse einer straffen
militärischen Zucht.
Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten von Militärpersonen
ist das Zivilgericht ihres Garnisonortes zuständig. —
Die Verwaltung für das gesamte Reichsheer ist nicht
gemeinsam, erfolgt vielmehr durch die Kriegsministerien von
Preußen, Sachsen, Württemberg und Bayern; eine
oberste Reichsbehörde für die Militärverwaltung (Reichskriegs-
amt) besteht also nicht. Nur die genannten Staaten haben
die selbständige Verwaltung ihres Heerwesens beibehalten, die
übrigen deutschen Staaten haben ihre Militärverwaltung durch
besondere Militärabkommen mit Preußen an dessen Kriegs-
ministerium übertragen.
10. Reichsfinanzen.
(Artikel 69—72.)
Wie in jedem geordneten Staate sind auch im Deutschen
Reiche die Einnahmen und Ausgaben für jedes Jahr im
voraus zu veranschlagen und auf den Reichshaushalt zu
bringen. Dieser Voranschlag muß vor Beginn des Rechnungs-