Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiter Jahrgang. 1861. (2)

2. Preußen. 
2. Jan. König Friedrich Wilhelm IV. + in Sanssouci. Sein Bruder, 
 
 
 
der bisherige Prinz-Regent folgt ihm als König Wilhelm I. 
3.1.  Kriegerische Ansprache des Königs an die Generale bei seiner 
Uebersiedlung nach Berlin. 
7.1.  Proclamation des neuen Königs „an mein Volk“: 
... Als eine unheilvolle Bewegung der Geister alle Grundlagen des Rechts. 
erschüttert hatte, wußte Meines in Gott ruhenden Bruders Majestät die 
Verwirrung zu enden, durch eine neue politische Schöpfung die unterbrochene 
Entwickelung herzustellen und ihrem Fortgange feste Bahnen anzuweisen. 
Dem Könige, der so Großes zu begründen wußte, dessen unvergeßliches 
Wort: „Ich und Mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen“ auch Meine 
Seele erfüllt, gebührt ein hervorragender Platz in der glorreichen Reihe der 
Monarchen, welchen Preußen seine Größe verdankt, welche es zum Träger 
des deutschen Geistes machten. Dies hohe Vermächtniß Meiner Ahnen, 
welches sie in unablässiger Sorge, mit ihrer besten Kraft, mit Einsetzung 
ihres Lebens gegründet und gemehrt haben, will Ich getreulich wahren. 
Mit Stolz sehe Ich Mich von einem so treuen und tapferen Volke, von 
einem so ruhmreichen Heere umgeben. Meine Hand soll das Wohl und 
das Recht Aller in allen Schichten der Bevölkerung hüten, sie soll schützend 
und fördernd über diesem reichen Leben walten. Es ist Preußens Bestim- 
mung nicht, dem Genuß der erworbenen Güter zu leben. In der An- 
spannung seiner geistigen und sittlichen Kräfte, in dem Ernst und der Auf- 
richtigkeit seiner religiösen Gesinnung, in der Vereinigung von Gehorsam 
und Freiheit, in der Stärkung seiner Wehrkraft liegen die Bedingungen 
seiner Macht: nur so vermag es selnen Rang unter den Staaten Europa's 
zu behaupten. Ich halte fest an den Traditionen Meines Hauses, wenn 
Ich den vaterländischen Geist Meines Volkes zu heben und zu stärken Mir 
vorsetze. Ich will das Recht des Staates nach seiner geschichtlichen Be- 
deutung befestigen und ausbauen und die Institutionen, welche König 
Friedrich Wilhelm der Vierte ins Leben gerufen hat, aufrecht erhalten. 
Treu dem Eide, mit welchem ich die Regentschaft übernahm, werde ich die 
Verfassung und die Gesetze des Königreiches schirmen. Möge es Mir unter 
Gottes gnädigem Beistand gelingen, Preußen zu neuen Ehren zu führen! 
Meine Pflichten für Preußen fallen mit Meinen Pflichten für Deutsch- 
land zusammen. Als deutschem Fürsten liegt Mir ob, Preußen in der- 
jenigen Stellung zu kräftigen, welche es vermöge seiner ruhmvollen Ge- 
schichte, seiner entwickelten Heeresorganisation unter den deutschen Staaten 
zum Heile Aller einnehmen muß. Das Vertranuen auf die Ruhe Europas 
ist erschüttert. Ich werde Mich bemühen, die Segnungen des Friedens zu 
erhalten. Dennoch können Gefahren für Preußen und Deutschland heran- 
ziehen. Möge dann jener Gott vertrauende Muth, welcher Preußen in 
seinen großen Zeiten beseelte, sich an Mir und Meinem Volke bewähren 
und dasselbe Mir auf Meinen Wegen in Treue, Gehorsam und Ausdauer 
fest zur Seite stehen! Möge Gottes Segen auf den Aufgaben ruhen, welche 
Sein Rathschluß Mir übergeben hat“.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.