Deutschiand — Preußen. 47
wenn dasselbe durch Mittel herbeigeführt worden, welche die wahre Meinung
des Landes nicht zur Geltung kommen lassen; sie muß daher jede Art von
Nöthigung verwerfen, welche einen Einfluß auf die Wahlen auszuüben be-
absichtigt. Solche Wahlen gewähren der Regierung auf die Dauer keine
Stütze, sie verletzen überdies das Gesetz, sie untergraben die Achtung vor
demselben und somit die Autorität der Staatsgewalt, und ich untersage
deshalb deren Anwendung auf das Bestimmteste“.
10. Okt. Der Cultusminister fordert den Erzbischof von Posen auf, dem
Mißbrauch der Kirchen zu politischen Manifestationen durch einen
ernsten Hinweis der Geistlichkeit auf ihren dem Könige und dem
Staate geleisteten Eid der Treue Schranken zu setzen. (s. 1. Nov.)
10.10. Graf Bernstorff tritt an die Stelle des Freiherrn von Schleinitz
als Minister des Auswärtigen.
13.10. Die deutsche Fahne muß in Königsberg auf Veranlassung der
Polizei entfernt werden, weil die Krönungsfeier ein preußisches und
kein deutsches Fest sei. Das polizeiliche Verbot wird am folgenden
Tage zurückgenommen.
17.10. Der König empfängt in Königsberg die entbotenen Krönungs-
zeugen, Ansprache an die Mitglieder beider Häuser des Landtags:
„Es war Mir Bedürfniß, die Landesvertreter noch vor der Krönung um
Mich zu versammeln und Ich danke Ihnen, daß Sie Meinem Wunsche ge-
folgt sind. Die Herrscher Preußens empfangen ihre Krone von Gott. Ich
werde deshalb morgen die Krone vom Tische des Herrn nehmen und auf
Mein Haupt setzen. Dies ist die Bedeutung des Königthums von Gottes
Gnaden, und darin liegt die Heiligkeit der Krone, welche unantastbar ist.
Ich weiß, daß Sie selbst den Sinn des Actes so verstehen, zu dessen Zeuge
Ich Sie berufen habe. Die Krone ist mit neuen Institutionen umgeben;
Sie sind nach denselben berufen, der Krone zu rathen. Sie werden mir
rathen, und auf Ihren Rath werde Ich hören“.
18. Okt., Feierliche Krönung des Königs. Nach der Krönung nimmt
der König die Ansprachen des Präsidenten der Landtagshäuser und
des Grafen Dohna-Lauk als Vertreter der ständischen Zeugen
entgegen. Antwort des Königs:
„Von Gottes Gnaden tragen Preußens Könige seit 160 Jahren die Krone.
Nachdem der Thron mit zeitgemäßen Einrichtungen umgeben worden, be-
steige Ich ihn als erster König. Aber eingedenk dessen, daß die Krone nur
von Gott kommt, habe Ich durch die Krönung an geheiligter Stätte be-
kundet, daß ich sie in Demuth aus seinen Händen empfangen habe. Die
Gebete Meines Volkes, Ich weiß es, haben mich bei diesem feierlichen Acte
umgeben, damit der Segen des Allmächtigen auf Meiner Regierung ruhe.
Die Liebe und Anhänglichkeit, welche Mir seit der Thronbesteigung erwie-
sen wurde und mir eben jetzt in erhebender Weise bekundet worden ist, sind
mir Bürge, daß Ich unter allen Verhältnissen auf die Treue, Ergebung
und Opferwilligkeit Meines Volkes rechnen kann. Im Vertrauen darauf
habe ich den althergebrachten Erbhuldigungs- und Unterthaneneid Meinem
treuen Volke erlassen können. Die wohlthuenden Beweise jeder Liebe und
Anhänglichkeit, die mir jüngst bei einem verhängnißvollen Ereignisse zu
Theil wurden, haben dieses Vertrauen bewährt. Gottes Vorsehung wolle
die Segnungen des Friedens dem theuren Vaterlande lange erhalten. Vor
äußeren Gefahren wird mein tapferes Heer dasselbe schützen. Vor inneren
Gefahren wird Preußen bewahrt bleiben; denn der Thron seiner Könige steht
fest in seiner Macht und in seinen Rechten, und wenn die Einheit zwischen