Deutschland (ohne Preußen). 83
Sonderleben da schirme, wo es wirklich existire und wohlthätig wirke, so
rücksichtslos fordere er die Centralisatioan in allen Beziehungen Deutschlands
zum Auslande. Die zu schaffende deutsche Regierung solle nur ein Mini-
mum unentbehrlicher Rechte erhalten, dieses Minimum aber auch ganz
und voll. Die deutsche Frage solle nicht, nächdem über den Bundestag
eine fast fünfzigjährige Geschichte gerichtet, mit einer neuen Halbheit
abgethan, sondern zu einer wirklichen Lösung geführt werden. Diese
Lösung sei aber nur zu gewinnen durch die Aufrichtung eines Regiments,
das in der That regieren könne, d. h. eines Regiments, welches eine
bestimmte Politik mit der Planmäßigkeit eines einheitlichen persönlichen
Willens verfolge. Nur bei einer solchen Regierung sei ein Parlament und
wirkliche Verantwortlichkeit möglich, nur eine solche lasse Erfolge hoffen,
wie sie die Tüchtigkeit der Nation verdiene.
16. Okt. (Württemberg.) Die Kammer der Standesherren verwirft
mit 18 gegen 8 Stimmen den Antrag des Fürsten v. Hohenlohe:
„in Erwägung, daß das Concordat mit der Veröffentlichung der
päpstlichen Bulle so lange verbindliches Kirchengesetz für die Katho-
liken bleibe, bis die Bulle wieder zurückgenommen sei, den König
zu bitten, sich mit dem Papst in freundschaftliches Einvernehmen
in dieser Sache zu setzen“. Sämmtliche katholische Mitglieder der
Kammer verwahren sich zu Prokokoll gegen das k. Rescript vom
14. Juni.
16.10. (Mecklenburg.) 56 (im vorigen Jahr 82) Mitglieder der
Ritterschaft beantragen beim Landtage neuerdings die Wiederherstel-
lung einer Repräsentativverfassung.
17.10. (Hamburg.) Die Bürgerschaft von Hamburg beschließt den
Senat dringend zu ersuchen, bei den obschwebenden Verhandlungen
zum Schutze der deutschen Küsten im Sinne wie Bremen ein-
geleitet (durch eine Flottenconvention mit Preußen) zu wirken und
den betreffenden Antrag bald möglichst einzubringen.
18.10. Versammlung des volkswirthschaftlichen Vereins von Südwest-
deutschland in Nürnberg.
20.10. Die volkswirthschaftliche Gesellschaft für Mitteldeutschland spricht
sich wie der Handelstag in Heidelberg für eine volksthümliche Ver-
jüngung des Zollvereins aus.
22.10. (Bayern.) Die Abg.-Kammer beschließt mit 138 gegen
1 Stimme das Aufhören des Lotto.
22.10. (Sachsen.) Die Regierung publizirt das von beiden Kammern
genehmigte neue auf dem Prinzip der Gewerbefreiheit ruhende Ge-
werbegesetz.
23.10. (Bayern.) Die Abg.-Kammer nimmt das deutsche Handels-
gesetzbuch einstimmig an.
23.10. (Nassau.) Eine zahlreiche Versammlung von Geistlichen und
Nichtgeistlichen in Diez verlangt vom Herzog eine Generalsynode
und eine Repräsentativverfassung für die evangelische Kirche ähnlich
wie in Baden.
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