Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

II. 
Preußen. 
14. Jan. Eröffnung des Landtags. Thronrede des Königs: 
„„ Ihre Thätigkeit beginnt in ernster Zeit. Nachdem Gottes Rathschluß 
die Krone mit der Bürde ihrer Pflichten und Rechte auf mein Haupt gelegt, 
habe ich diesem meinem königlichen Rechte an heiliger Stätte die Weihe 
gegeben. Die Theilnahme meines Volks an dieser Feier hat bewiesen, daß 
seine Liebe und Treue, welche der Stolz und die Kraft meiner Vorfahren 
waren, mit der Krone auch auf mich übergegangen sind. Solche Kund- 
gebungen konnten meinen festen Vorsatz nur stärken, meine königlichen 
Pflichten im Geiste meiner Ahnen für das Wohl und die Größe Preußens 
zu üben... Von größerm Gewicht sind andere Entwürfe, welche 
meine Regierung vorlegen wird. Sie werden Ihnen beweisen, daß ich, 
meinen Grundsätzen getreu, den Ausbau unserer Verfassung vor Augen 
habe. Die Vorlagen, welche die Umbildung gegenwärtig bestehender Ein- 
richtungen bezwecken, geben Zeugniß, daß meine Regierung die Reformen 
nicht zurückhält, welche durch thatsächliche Verhältnisse und das gleichmäßig 
zu berücksichtigende Wohl aller Stände begründet sind. Die Finanzen 
des Staats sind in befriedigender Lage. Der gesteigerte Ertrag verschiedener 
Einnahmezweige begründet die Hoffnung, daß ein erheblicher Theil des für 
das verflossene Jahr erforderlichen Zuschusses zu den Kosten der Heeres- 
organisation seine Deckung in Mehreinnahmen finden wird. Der mit 
gewissenhafter Sorgfalt aufgestellte Staatshaushalts -Etat ergibt für das 
laufende Jahr eine weitere Steigerung der Einnahmen. Dadurch sind die 
Mittel gewährt, neue als nützlich oder nothwendig erkannte Ausgaben zu 
bestreiten und den durch die Reform des Heeres bedingten Zuschuß zu ver- 
mindern. Soweit derselbe für diesen Zweck neben den Steuerzuschlägen 
erforderlich bleibt, welche bis zur Erhebung der regulirten Grundsteuer nicht 
entbehrlich sein werden, finden sich die Mittel dazu in dem noch unver- 
wendeten Ueberschusse des Jahres 1860. Es wird daher voraussichtlich so 
wenig im laufenden Jahre wie in den beiden vorhergehenden Jahren eine 
Verminderung des Staatsschatzes eintreten. Bei der Feststellung des für die 
reorganisirte Armee erforderlichen finanziellen Bedarfs sind die Rücksichten 
strengster Sparsamkeit beachtet worden. Eine weitere Ausdehnung derselben 
würde die Schlagfertigkeit und Kriegstüchtigkeit des Heeres, folglich dessen 
Lebensbedingungen und damit die Sicherheit des Vaterlandes gefährden. 
Im Verfolg der Reorganisation wird meine Regierung Ihnen einen Ent- 
wurf in Betreff einiger Abänderungen des Gesetzes vom 3. Sept. 1814 
über die Verpflichtung zum Kriegsdienst vorlegen. Derselbe ist dazu be- 
stimmt, den seit Erlaß jenes Gesetzes unabweislich hervorgetretenen Bedürf- 
nissen unsers Kriegswesens abzuhelfen, sowie den geltenden Verordnungen 
über die Verpflichtung zum Seedienst eine gesetzliche Grundlage zu geben..
	        
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