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Preussen.
Abbruch geschehe, während die verfassungsmäßige Mitwirkung bei der
Gesetzgebung gewährleistet ist. Gerade hierdurch hat sich die königliche Staats-
regierung in den schärfsten Gegensatz zu der Demokratie gesetzt, deren
Bestrebungen zur Zeit unverkennbar darauf gerichtet sind, den Schwerpunkt
der staatlichen Gewalt, welcher nach Geschichte und Verfassung Preußens bei
der Krone beruht, von dieser in die Volksvertretung zu verlegen. Es ist
deshalb die Aufgabe der königl. Staatsregierung und ihrer Organe, der
demokratischen Partei, mag sie nun offen diesen Namen führen oder
als sogenannte Fortschrittspartei, oder unter irgend einer andern irre-
leitenden Benennung auftreten, bei den bevorstehenden Wahlen überall ent-
gegen zu wirken, theils durch geeignete Belehrung der Wähler über die
eigentlichen Tendenzen jener Partei, theils dadurch, daß auf die möglichste
Vereinigung aller verfassungsgetreuen conservativen Parteien hingewirkt wird.
Die Lage der Sache ist ernst genug, um an alle conservativ Gesinnten die
dringende Mahnung zu richten, ihrer mehr oder minder unwesentlichen Par-
teiunterschiede uneingedenk, sich unter einer Fahne zu sammeln, und als eine
große verfassungstreue conservative Partei ihren gemeinschaftlichen Gegner,
die Demokratie, bei den Wahlen zu bekämpfen. Gelingt dies überall, so ist
ein Sieg der Demokratie nicht zu befürchten.
„Ueber die Mittel und Wege, welche in Gemäßheit der vorstehenden An-
deutungen behufs Erzielung eines günstigen Wahlresultats einzuschlagen sind
und wobei selbstverständlich alle unlautern Mittel ausgeschlossen bleiben,
können der Natur der Sache nach allgemeine Anweisungen nicht gegeben
werden. Ich muß es daher lediglich Ew. Erc. ergebenst überlassen, diejeni-
gen Anordnungen zu treffen, welche Sie den Umständen und den mannig-
fachen Verhältnissen nach hierzu für geeignet erachten. Vornehmlich sind die
„ k. Regierungen und die k. Landrathsämter berufen, eine ersprieß-
liche Thätigkeit in dem vorgedachten Sinne zu entwickeln. Von ihrem
Pflichtgefühl erwarte ich, daß sie eifrig bemüht sein werden, im obigen Sinne
mit allen Kräften auf die Erreichung des vorbezeichneten Zieles hinzuwirken;
ich hege aber auch zu der Umsicht und dem Takte dieser Behörden das Ver-
trauen, daß sie wissen werden, sich der ihnen gestellten Aufgabe im vollsten
Umfange zu entledigen, ohne dabei diejenige Grenze zu überschreiten, über
welche hinaus eine unzulässige Beschränkung der gesetzlichen Wahlfreiheit ge-
funden werden müßte. Was die k. Beamten anbetrifft, so ist die Staats-
regierung zu der Erwartung berechtigt, daß dieselben ihr bei den Wahlen
ihre eifrige Unterstützung gewähren werden. Jedenfalls würde es mit
der Stellung eines k. Beamten unvereinbar sein, wenn er so weit ginge, sich
— uneingedenk des Sr. Majestät dem Könige geleisteten Eides der Treue —
in einem der Regierung feindlichen Sinne bei Wahlagitationen zu
betheiligen. Ew. Exc. veranlasse ich ergebenst, die Beamten des mir unter-
gebenen Ressorts gefälligst hiervon zur Nachachtung in Kenntniß setzen zu
wollen; ich bemerke hierbei, daß die übrigen Herren Ressortchefs die ihnen
untergeordneten Beamten mit gleicher Weisung ebenfalls versehen lassen
werden.
„Da die Urwahlen schon in der nächsten Zeit stattfinden, so erscheint es
dringend geboten, alle diejenigen Maßregeln, welche nach den vorstehenden
Andeutungen geeignet sein möchten, auf einen günstigen Ausfall der Wahlen
hinzuwirken, so schleunig als möglich zu treffen. Ew. Excellenz gebe ich
deshalb anheim, die weiter erforderlichen Verfügungen gefälligst unverzüglich
erlassen zu wollen, mit dem ergebensten Bemerken, daß ich im Interesse der
Beschleunigung der Sache Abschrift der gegenwärtigen Verfügung gleichzeitig
den k. Regierungen und Landrathsämtern und den Magistraten der zu kei-
nem ländlichen Kreise gehörigen Städte zugefertigt habe“.
Die übrigen Minister erlassen ähnliche Instruktionen an die
Beamten ihrer resp. Ressorts.