Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

156 Preußen. 
verheißt, um sie zur Annahme des Handelsvertrages zu bestimmen 
(s. Deutschland). 
4. Aug. Die Budget-Commission des Abg.-Hauses beginnt endlich unter 
dem Vorsitze des Abg. Bockum-Dolffs die Berathung des Militär- 
etats für 1862. Keiner der Minister ist anwesend. Die Tren- 
nung des Extraordinariums vom Ordinarium wird in der Com- 
mission von vorneherein als selbstverständlich betrachtet und dem 
Regierungscommissär, der dagegen Protest erheben will, bedeutet, 
daß das nicht innerhalb seiner Befugniß liege. Die Verhandlung 
dreht sich nur um die Frage, ob das Extraordinarium ganz oder 
nur theilweise gestrichen werden solle; eine weitere Frage geht 
dahin, ob zugleich durch eine Resolution die Stellung des Hauses 
zur Militärfrage im Ganzen präcisirt werden solle; die Mehrheit 
scheint aber gegen eine solche Resolution zu sein, weil es besser 
sei, der Regierung die Initiative zu überlassen. 
5. „ Weitere Berathung der Budgetcommission des Abg.-Hauses über 
den Militäretat. Der Regierungs-Commissär gibt Namens der 
Staatsregierung eine schriftliche Erklärung dahin ab: 
1) Es ist selbstverständlich, daß die Regierung die zeitige Formation der 
Armee, insoweit solche eine erhöhte Etatsbewilligung oder eine anderweite 
gesetzliche Regelung der Dienstverpflichtung in Anspruch nimmt, solange als 
eine nicht definitive betrachtet, bis der Landtag sich damit auf verfassungs- 
mäßigem Wege einverstanden erklärt hat. « 
„Daraus erfolgt jedoch nicht, daß auch den einzelnen neureformirten Trup- 
pentheilen der Stempel des Provisoriums aufzudrücken war. 
„Wirksame Formationen dürfen keine Zweifel ihrer Dauer in sich tragen. 
Daher konnte auch von einer definitiven Besetzung der betreffenden Officier- 
stellen nicht Abstand genommen werden. 
„Uebrigens müssen bei Beurtheilung der in Bezug auf die Neuformation 
der Armee getroffenen Anordnungen die Verhältnisse der Jahre 1859 und 
1860 in entsprechende Berücksichtigung gezogen werden. 
2) Der ursprüngliche, dem Landtage im Jahre 1860 vorgelegte Reorgani- 
sationsplan hat seitdem allerdings einige Modificationen erfahren, indem die 
Regierung sich bemüht hat, den in der Militärcommission pro 1860 laut 
gewordenen Wünschen, soweit als zulässig erschien, entgegenzukommen, und 
insoweit dies durch die strenge Beachtung der bezüglichen, in uneingeschränk- 
ter Geltung verbliebenen gesetzlichen Bestimmungen unserer bisherigen Kriegs- 
verfassung, sowie durch das Maß der bewilligten Mittel geboten war. 
3) Demgemäß hielt und hält die kgl. Regierung, sowie an allen anderen 
gesetzlichen Bestimmungen, so auch an der des § 6 des Gesetzes vom 3. Sep- 
tember 1814 grundsätzlich fest. Sie faßt dieselbe jedoch wesentlich in der 
Bedeutung einer Berechtigung, nicht aber einer unbedingten Verpflichtung 
auf, und hat dieser Auffassung gemäß seit 1859 alljährlich verfahren; ebenso 
bei den Etats-Aufstellungen pro 1862 und 1863. » 
„Sie beansprucht auch ferner, auf Grund der ihr verfassungsmäßig zu- 
stehenden Executive, eine maßgebende Stimme bei der auf Grund des § 3 
des genannten Gesetzes zu normirenden Stärke der bewaffneten Macht, wie- 
wohl sie, wie bisher, bereit ist, dabei auf die Finanzlage des Staates und 
die sonstigen bezüglichen Verhältnisse jede angemessene Rücksicht zu nehmen.“ 
Nach einiger Zeit wird dem Regierungscommissär dann noch ein 

	        
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