Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

Preußen. 163 
Der Minister erhält also das Extraordinarium .. 1604,400 Thlr. 
Hierzu das Ordinarium... .... „ 31,850,218 „ 
Im Ganzen für Kriegszwecke 33,454,618 Thlr. 
d. h. 6,133,361 Thlr. weniger, als er gefordert hatte. 
3) Antrag von Stavenhagen, Sybel und Twesten (gegen den sich das 
ganze übrige linke Centrum, für den sich dagegen die Fraction Vincke er- 
klärt hat): für 1862 223,000 Thlr. zu streichen und alles Uebrige für 1862 
als Extraordinarium zur ferneren provisorischen Anfrechthaltung der Reorga- 
nisation zu bewilligen. Eventuell sollen die Mehr-Ausgaben für das In- 
genieur-Corps, die Artillerie, die Pioniere und das Casernement zum 
vollen Betrage im Ordinarium bewilligt werden. 
Vor dem Bepinn der Generaldebatte gibt der Finanzminister im 
Namen der Regierung eine umfassende Erklärung über ihre Auffas- 
sung der Frage ab. Dieselbe wirft zuerst einen Rückblick auf die diesfälligen 
Verhandlungen und Beschlüsse von 1860 und 61. Dann heißt es weiter: 
„Die Staatsregierung hat daher, wie bei gehöriger Würdigung der Sach- 
lage nicht verkannt werden kann, in dem guten Glauben gehandelt, durch 
die fernere Aufrechthaltung der neuen Armee-Organisation nur eine gegen 
das Land ihr obliegende unabweisbare Pflicht zu erfüllen; sie hat eine 
unbefangene sachgemäße Beurtheilung ihres Verfahrens nicht zu scheuen, 
noch weniger aber besorgen können, daß die Bewilligung der erforderlichen 
Mittel Anstand finden könnte. Denn in dem Umstande, daß ein Gesetz 
über die Regelung der Armee-Organisation noch nicht vereinbart ist, kann 
unmöglich ein zureichendes Motiv für die Versagung der bezeichneten Aus- 
gaben gefunden werden, um so weniger, als der Landtag, welchem das 
von der Staatsregierung beobachtete Verfahren vollständig bekannt ist, einen 
Widerspruch dagegen seither nicht erhoben hat und die Regierung bei allen 
ihren bisherigen militärischen Einrichtungen und Actionen, und auch bei 
der neuesten Rüstung auf Veranlassung des kurhessischen Verfassungsstreits 
sich genau innerhalb der Grenze der Berechtigungen gehalten hat, welche 
auch die strengste Auslegung des Gesetzes vom 3. Sept. 1814 ihr unbedingt 
zugesteht. Die Staatsregierung hat ein Gesetz, die Wehrpflicht betreffend, 
zu Anfang d. J. dem Landtage vorgelegt, welches die Zustimmung des 
Herrenhauses gefunden hat. Eine Beschlußnahme des Abgeordnetenhauses 
ist wegen der erfolgten Auflösung desselben nicht zu Stande gekommen. 
In der gegenwärtigen Session ist eine solche Vorlage nur deshalb nicht 
gemacht worden, weil es, wie auch in der Thronrede angekündigt worden, 
die Absicht war, die Dauer der Session möglichst abzukürzen und deshalb 
keine Vorlagen zu machen, bei welchen wichtige Prinzipienfragen zur Er- 
örterung kämen. Auch hiergegen ist von Seiten des Landtages keine Ein- 
rede erfolgt. Die Regierung wird indeß, wie sie hiermit auf das bestimmteste 
erklärt, eine Gesetzesvorlage über die Wehrpflicht in der nächsten Winter- 
session einbringen, und glaubt mit dieser Erklärung die gegen die Bewil- 
ligung der Ausgaben für die Armee-Reorganisation erhobenen Bedenken 
um so mehr als beseitigt ansehen zu dürfen, als sie nach wie vor anerkennt, 
daß die zeitige Formation der Armee, insoweit solche eine dauernde 
Erhöhung des Etats oder eine anderweitige gesetzliche Regelung der 
Dienstverpfichtung erfordert, so lange als eine definitive nicht be- 
trachtet werden kann, als dazu nicht die verfassungsmäßige Zustim- 
mung des Landtags ertheilt sein wird, daß mithin durch die Bewilligung 
des Etats für 1862 den künftigen Beschlüssen über die Wehrverfassung in 
keiner Weise präjudicirt werden soll... . Sofern Werth darauf gelegt 
werden sollte, die Ausgaben für die Heeresorganisation in Uebereinstim- 
mung mit dem Vorgange des Jahres 1861 in das Extraordinarium des 
Etats zu übertragen, wird die Staatsregierung dem nicht entgegen sein.“ 
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