Preußen. 173
gung des Marineetats hat die Berathung des ganzen Budgets für
das Jahr 1862 ihren Schluß gefunden. Demnach wird sofort das
betreffende Finanzgesetz berathen und angenommen, wodurch der
Staatshaushaltsetat für das Jahr 1862 in Einnahme auf
136,265,348 Thlr. und in Ausgabe auf 133,835,326 Thlr., nämlich
auf 126,966,849 Thlr. an fortdauernden und auf 6,868,337 Thlr.
an einmaligen und außerordentlichen Ausgaben festgestellt wird.
6. Oct. Der Kronprinz und die Kronprinzessin treten von Coburg aus
eine längere Reise nach Italien an. Turin wird von denselben
nicht berührt. Die Rückreise erfolgt über Wien, wo dieselben vom
Kaiserhofe mit äußerster Zuvorkommenheit behandelt werden.
„ Erster Tag der zweitägigen Debatte des Abg.-Hauses über den
Antrag der Budgetcommission (s. unter d. 30. Sept.). Der Abg.
v. Vincke stellt dazu einen Amendementantrag.
Antrag Vincke: „In Erwägung, daß 1) alle Staatsausgaben nach
dem Wortlaute und dem klaren Sinne des Artikels 99 der Verfassungs-
urkunde vom 31. Januar 1850 durch ein Gesetz festgestellt werden müssen;
2) eine Berechtigung zur Leistung solcher Ausgaben der Landesvertretung
gegenüber daher nicht existirt, bevor sie durch ein Gesetz festgestellt worden
sind; 3) das bisherige Verfahren, wonach bei dem Beginne eines jeden
Jahres die durch das Staatshaushaltsgesetz des vorhergehenden Jahres fest-
gestellten fortdauernden Ausgaben bis zur gesetzlichen Feststellung des neuen
Staatshaushaltsetats einstweilen fortgeleistet worden sind, bis jetzt niemals
als ein verfassungsmäßiges Verfahren anerkannt; 4) vielmehr von allen
Factoren der Gesetzgebung zugegeben worden ist, daß es eine der nachträg-
lichen Genehmigung der Landesvertretung bedürfende Abweichung von dem
verfassungsmäßigen Verfahren enthalte; 5) dies bisherige Verfahren sich stets
nur auf die im Vorjahre durch das Staatshaushaltsgesetz ausdrücklich be-
willigten fortdauernden Ausgaben erstreckt hat, somit 6) durchaus nicht als
ein Präcedenzfall für die fernere Leistung solcher Ausgaben geltend gemacht
werden kann, deren weitere Bewilligung von dem Hause der Abgeordneten
ausdrücklich abgelehnt worden ist; in der fernern Erwägung, 7) daß der
interimistische Vorsitzende des Staatsministeriums in der 94. Sitzung der
Budgetcommission, nach Ausweis des Protokolls vom 30. September d. J.
die Erklärung abgegeben hat: „die eingangsgedachte Auffassung des Artikels
99 stehe mit der zwölfjährigen constitutionellen Praxis des Landes im Wider-
spruch und beruhe auf einer Interpretation, welche von der Staatsregierung
nicht getheilt werden könne"; 8) das k. Staatsminitsterium aber dieser Er-
klärung keinerlei Folgen geben kann, ohne die Verfassung des Landes zu
verletzen: erklärt das Haus der Abg., daß die k. Staatsregierung,
abgesehen von den in Ansehung des Etats pro 1862 zu gewärtigenden wei-
tern Vorlagen, falls sich die Feststellung des Staatshaushaltsetats für das
nächste Jahr nicht noch vor dem 1. Januar 1863 herbeiführen läßt, zur
Aufrechthaltung verfassungsmäßiger Zustände verpflichtet ist, noch vor Ab-
lauf des Jahres 1862 die Bewilligung eines vorläufigen extraordinären Cre-
dits bei der Landesvertretung zu beantragen.“
Vincke erklärt zu Begründung seines Antrags, die Minorität werde
den vom Hause gefaßten Beschluß in der Militärfrage als einen verfassungs-
mäßigen ansehen und achten; sie sei aber nicht, wie man vielleicht aus der
Schlußabstimmung geschlossen habe, mit der Majorität vollständig einig, da
sie die Reorgantsation erhalten wolle und nur die zweijährige Dienstzeit