Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

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Oesterreich. 
und bis dahin deren Einkünfte zum Zwecke und Besten derselben verwendet 
werden. Das Gleiche gilt in Ansehung des in die Studienfonde der ein- 
zelnen Länder einbezogenen kirchlichen Vermögens. 54) In wieferne Kirchen 
und Religionsgenossenschaften weder aus Stiftungen und sonstigem Ver— 
mögen, noch durch vertragsmäßige oder freiwillige Beiträge hinreichende 
Mittel zur Bestreitung der religiösen Bedürfnisse besitzen, und den Ange— 
hörigen zu solchem Zwecke Abgaben und Leistungen von was immer für 
einer Art und Benennung auferlegen, ist zu den diesfälligen Anordnungen 
die Zustimmung der Staatsgewalt erforderlich. Ebenso bedürfen die für 
gottesdienstliche Verrichtungen oder für Amtshandlungen der Vorsteher oder 
Diener einer Kirche oder Religionsgenossenschaft von den Angehörigen der— 
selben geforderten Gebühren der Genehmigung des Staates. Die zwangs- 
weise Erfüllung der in gehöriger Weise angeordneten Leistungen und Ge- 
bühren hat mittelst der weltlichen Behörde zu geschehen, welcher die recht- 
lichen Bedingungen hierzu nachzuweisen sind. 55) Der in einer Kirche oder 
Religionsgenossenschaft als Abgabe an die Vorsteher und Diener derselben 
noch bestehende Zehent oder Leistungen, welche einen Gegenstand der Grund- 
entlastung bildeten, sind gegen Entschädigung aufzuheben, und hat diese 
Entschädigung nach Maßgabe der in den Gesetzen über die Grundentlastung 
bezüglich der Zehente im Allgemeinen wie in Betreff eines jeden einzelnen 
Landes aufgestellten Grundsätze zu geschehen. Soweit ein solcher Zehent 
oder eine derartige Leistung bereits aufgehoben, aber die Entschädigung noch 
nicht erfolgt wäre, hat diese eben nach Maßgabe der bezogenen Grundsätze 
nachträglich zu geschehen. 56) Im Falle der Nothwendigkeit haben Kirchen 
und Religionsgenossenschaften sowohl in Ansehung des Unterhaltes ihrer 
Religionsdiener, als auch der Herstellung und Erhaltung der gottesdienst- 
lichen Gebäude und Einrichtung auf eine Unterstützung von Seite des 
Staates zur Bestreitung der diesfälligen Kosten gleichmäßigen Anspruch. 
Diese Unterstützung kann vom Staate an die von ihm zu bestimmenden 
Bedingungen gebunden werden. 57) Den Kirchen und Religionsgenossen- 
schaften stehen in Ansehung des ihren Vorstehern oder Dienern eigenthüm- 
lichen Vermögens im Falle des Todes derselben keine anderen Rechte zu, 
als welche ihnen in Gemäßheit der bürgerlichen Gesetze und durch rechts- 
giltige Verfügung der Erblasser eingeräumt werden. 58) So lange die 
Gewalt der Vorsteher und Diener einer Kirche oder Religionsgenossenschaft 
die Grenzen ihres Wirkungskreises nicht überschreitet, kann dieselbe gegen 
jede Verletzung ihrer Rechte und Gesetze den Schutz der Staatsgewalt an- 
rufen, der ihr von den Behörden nicht zu versagen ist. Es steht aber auch 
den Angehörigen einer Kirche oder Religionsgenossenschaft ebensowohl als 
den untergebenen Religionsdienern die Befugniß zu, im Falle sie durch die 
ihnen vorgesetzte Gewalt in der Kirche oder Religionsgenossenschaft gegen 
die festgesetzte Ordnung beschwert werden, dagegen den Schutz des Staates 
und seiner Behörden anzurufen, von denen ihnen dieser zu gewähren ist. 
2. Tit. Im Verhältniß zu den Angehbörigen. 59) Die Macht 
und die Befugnisse der Vorsteher und Diener in einer Kirche oder Religions= 
genossenschaft in Ansehung der Angehörigen derselben ebensowohl als die 
Pflichten dieser gegen jene, richten sich zwar nach den Satzungen jeder 
Kirche und Religionsgenossenschaft selbst, es haben jedoch die in den nach- 
folgenden Artikeln enthaltenen Beschränkungen zu gelten. 60) Kein Ange- 
höriger einer Kirche oder Religionsgenossenschaft darf von deren Vorstehern 
oder Dienern zu einer gottesdienstlichen Handlung, noch dazu gezwungen 
werden, die in derselben üblichen Ruhe= oder Feiertage zu beobachten. 
Jedoch darf er durch sein Verhalten den Gottesdienst der übrigen weder 
stbren noch diejenige Achtung verletzen, welche eine Kirche oder Religions- 
genossenschaft bei Ausübung ihrer religiösen Handlungen und Gebräuche 
von Jedermann fordern kann (Art. 24). 61) Insoferne den Vorstehern
	        
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