Frankreich. 253
kein Ultimatum, welches ich den uneinigen Parteien aufzuerlegen die
Prätention habe, sondern die Grundlagen einer Politik, die ich mich be-
mühen zu sollen glaube, durch unseren legitimen Einfluß und durch unsere
uneigennützigen Nathschläge zur Geltung zu bringen."“
26. Mai. Nach langem Schwanken scheint Lavallette endlich das Uebergewicht über
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Goyon errungen zu haben. Goyon wird von Rom abberu fen und
zum Senator ernannt; Lavallette wird auf seinen Posten zurückkehren. Der
Moniteur verkündet „der Kaiser habe beschlossen, das Occupationscorps be-
hufs einer Reduction einer neuen Reorganisation zu unterwerfen; General
Goyon sei deshalb berufen, den Dienst beim Kaiser wieder aufzunehmen
und seine Ernennung zum Senator sei ein Zeugniß der hohen Zufrieden-
heit des Kaisers.“
Instruction des Herrn Thouvenel an den franz. Gesandten
Lavallette bei dessen Nückkehr nach Rom auf Grundlage des kaiserlichen
Briefes vom 20. Mai.
„ „. Als ich Ihnen die Aufträge vorschrieb, deren Sie sich Anfangs
Januar d. Is. entledigten, habe ich es absichtlich vermieden, den Versöh=
nungsplan zu sormuliren, zu dessen Vorbereitung Sie beauftragt waren,
vor Allem die Mitwirkung des heil. Stuhles zu beanspruchen. Ich hoffte in
der That, daß unsere Eröffnung nicht durch eine so kategorische Ablehnung
zurückgewiesen würde, und daß Cardinal Antonelli uns bei der Aufsuchung
der Grundlagen zu einem Arrangement, das für das Kirchenoberhaupt an-
nehmbar und mit den auf der Halbinsel stattgefundenen Ereignissen verein-
bar wire, behülflich sein würde. Bei dem Widerstand, dem wir begegneten,
würde eine längere Zurückhaltung Gefahr laufen, falsch verstanden zu wer-
den. Die Versuche der Regierung des Kaisers, den römischen Hof auf Ver-
zichtleistung seiner absoluten Doctrinen in der weltlichen Gewalt zu bewe-
gen, konnten scheitern, aber es ist daran gelegen, daß unsere Absichten weder
entstellt, noch verkannt werden, und daß Niemand das Recht habe, uns den
Vorwurf zu machen, die Bedingungen nicht deutlich ausgesprochen zu haben,
die in unseren Augen die Unabhängigkeit, die Würde und die Souveränetät
des gemeinschaftlichen Vaters der Gläubigen garantiren würden, ohne das
Schicksal Italien's auf's Neue in Frage zu stellen. Nie, ich erkläre es
laut, hat die Regierung des Kaisers ein Wort gesprochen,
das der Art gewesen wäre, dem Turiner Cabinet Hoffnung
zu geben,) daß die Hauptstadt der katholischen Welt, mit der
Einwilligung Frankreich's, gleichzeitig die Hauptstadt des
großen Königreichs, das sich jenseits der Alpen gebildet
hat, werden könnte. Alle unsere Handlungen, alle unsere Erklärungen
stimmen im Gegentheil darin überein, unseren festen und beständigen
Willen zu constatiren, den Papst im Besitz des Theils seiner
Staaten, den die Anwesenheit unserer Fahne ihm erhalten
hat, zu behaupten. Ich wiederhole hier diese Versicherung, aber ich
wiederhole auch mit gleicher Offenheit, daß jede auf einer andern territorialen
Basis, als dem stalus quo beruhende. Combination gegenwärtig von der Re-
gierung des Kaisers nicht unterstützt werden könnte. Der hl. Vater könnte,
wie er zu andern Zeiten gethan hat, seine Rechte in der ihm passenden
Form vorbehalten; aber ein Arrangement würde, unserer Ansicht nach, sei-
nerseits den Entschluß bedingen, seine Gewalt nur noch über die ihm ge-
bliebenen Provinzen auszuüben. Italien hätee seinerseits seinen Ansprüchen
auf Rom zu entsagen; es müßte sich Frankreich gegenüber ver-
pflichten, das päpstliche Gebiet zu respectiren und den
größten Theil, wenn nicht die ganze römische Schuld auf
sich nehmen.